Derzeit buhlen diverse namhafte Rollenspielsysteme wie etwa DSA, D&D, Shadowrun oder Midgard mit einer neuen Regelversion um die Gunst der Käufer. Obwohl natürlich jeder selbst für sich beurteilen muss, ob er diesen Wechsel mitmacht, so gibt es doch diverse Anhaltspunkte, an denen man die letztliche Entscheidung festmachen kann.
Sammeln und der Reiz des Neuen
Mitunter lässt man sich einfach vom eigenen Bauchgefühl leiten. Wenn für ein liebgewonnenes System eine neue Veröffentlichung ansteht – sei es nun ein Neustart im neuen Regelgewand, ein neuer Quellenband, ein neues Abenteuer – mag rationales Abwägen gar nicht erst ins Gewicht fallen, im Herzen hat man sich eh schon zum Kauf entschlossen. Und seien wir ehrlich: Der Anblick der eigenen Sammlung, der man ein weiteres Stück hinzufügen kann, hat mitunter doch etwas Befriedigendes.
Ich selbst bin gegen diese Impulsanschaffungen natürlich auch nicht gefeit: Obwohl meine Spielrunden immer intensiv über den Tellerrand guckten und diverse andere Systeme ausprobierten, bin ich lange Zeit meinem allerersten System DSA von Version 1 bis 4.0 treu geblieben, zumal der Sammler in mir gerne die Regionalboxen komplettiert haben wollte. Erst ab Fassung 4.1 gab ich dem Reiz des Neuen nicht mehr nach.
Ähnlich verhält es sich auch mit meiner großen Leidenschaft Star Wars: Neben der d6-Version von West End Games konnte ich nach anfänglichem Zögern auch den drei Editionen der d20-Fassung von Wizards of the Coast nicht widerstehen, so dass letztlich vier verschiedene Versionen dieses Lizenzprodukts mein Regal zieren.
Der Neueinstieg
Auch wenn sich ein Rollenspiel mit einer neuen Regeledition präsentiert, kann es durchaus sein, dass man selbst die bisherigen Versionen nie gekauft oder gar gespielt hat. So kann der Neustart in neuer Regelfassung statt dessen schlicht einen guten Zeitpunkt darstellen, endlich den Einstieg in ein Rollenspiel zu finden, mit dem man vielleicht schon länger geliebäugelt hat.
So hatte ich aus lange zurückliegenden Spielrunden zwar gute Erinnerungen an Earthdawn oder Ars Magica, ohne diese jemals mein Eigen zu nennen. Mit der Veröffentlichung von ED3 und AM5 ergab sich dann für mich eine passender Gelegenheit, diese Systeme anzuschaffen – womit man aber fast wieder bei dem oben genannten Bauchgefühl und dem Reiz des Neuen wäre ...
Regeln und Erwartungen
Dies ist natürlich der Punkt, der die meisten Überlegungen und Abwägungen auslöst und im Netz für mitunter heftige Diskussionen sorgt. Letztlich drehen diese Debatten und Analysen sich zumeist aber um wenige Kernpunkte: Entspricht das versprochene Spielgefühl meinem eigenen Gusto? Werden nach meinem Empfinden überflüssige, klobige oder unzureichende Regeln, für die ich vielleicht sogar eine alternative Hausregel einsetze, nach meinen Vorstellungen geändert?
Zum Glück gibt es heutzutage genügend Möglichkeiten, sich zu genau diesen Fragen ein Bild zu machen. Die Entwickler geben meistens Einblicke in den Entwicklungsprozess – spätestens seit D&D Next ist ja auch der öffentliche Betatest gern gesehen – und geplante Änderungen, und dank Hangouts kann man die eigene Skepsis selbst mangels Interesse der eigenen Runde in einer Probesitzung überprüfen.
Derartige Entwicklertagebücher hatten mich beispielsweise sehr früh davon überzeugt, den Wechsel auf D&D 4e nicht mitzumachen. Der Tabletop-lastige Kampf schreckte mich zunächst nicht, fatal fand ich aber die Entscheidung, dass die diversen Sonderfertigkeiten, die ja gerade bei D&D helfen, einen Charakter in der Gruppe einzigartig zu machen, sich fast ausschließlich auf den Kampf beschränkten und kaum andere Bereiche des Rollenspiels abdeckten.
Umgekehrt hat mich das Spielgefühl von D&D mit seinen übergroßen, machtvollen Helden schließlich zu Star Wars d20 greifen lassen. Schließlich war ich mit dem System bereits vertraut, und zur Weltraumoper von Star Wars finde ich übergroße, machtvolle Helden sehr passend.
Die kommende Produktpalette
Nicht unterschätzen sollte man die Frage, was nach dem Neustart mit der Regeledition an weiteren Publikationen veröffentlicht werden soll. Auch hier ist viel vom persönlichen Geschmack abhängig: Während manche die regelmäßige Versorgung mit Quellenbüchern oder Abenteuern schätzen, so reicht anderen das reine Regelwerk als Grundlage für eigene Schöpfungen aus. Oftmals wird auch bei Ankündigung einer neuen Regelfassung in den intensiven Diskussionen die Befürchtung geäußert, dass damit auch altes Quellenmaterial einfach nur neu aufgewärmt wird - eine Aussicht, die auf manchen eher abschreckend wirkt.
Ebenfalls für viele von Interesse ist das Format der Publikationen, begonnen mit den Grundregeln: Werden diese nur gedruckt erscheinen, oder gibt es parallel auch das ein oder andere digitale Format wie pdf oder epub? Fantasy Flight Games beispielsweise beschränkt sich ausschließlich auf das Buchformat und hat damit diverse potentielle Kunden vor den Kopf gestossen.
Auch wenn ich selbst nicht unbedingt auf digitale Veröffentlichungen wert lege, so bin doch ein großer Freund von zusätzlichem Hintergrundmaterial. Auch wenn ich mich derzeit etwa gegen die Anschaffung von Earthdawn 4 entschieden habe, freue mich doch sehr auf die angekündigten Quellenbücher wie etwa das zur Stadt Travar. Fantasy Flight Games' aktueller Fassung von Star Wars hingegen werde ich mich verweigern - nach leidvollen Erfahrungen mit der Publikationsflut zu den diversen Rollenspielen im Universum von Warhammer 40K wird auch die weit, weit entfernte Galaxis mit unzähligen redundanten Regel- und Quellenbüchern bestückt, die ich mir einfach nicht leisten kann und will.
Dieser Artikel ist Teil des Karnevals der Rollenspielblogs im Juni 2014 über zum Thema "Neue Version – Was nun?". Die Moderation liegt bei Zornhau, alle Beiträge des Monats werden zudem in diesem Thread des Forums der Rollenspielblogs aufgelistet.
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