Bei einer vor vielen Jahren betriebenen Ladenrunde verschlug es die Spieler im Rahmen meiner Mittelerde-Kampagne (bespielt mit Deciphers Coda-System) auch in die Minen von Moria zur Zeit von Balins Kolonie. Bei meiner wie üblich überpeniblen Vorbereitung war es mir wichtig, den Charakteren eine in sich geschlossene und funktionierende Gemeinschaft zu präsentieren, bei der auch kleine Nebenfiguren eine nachvollziehbare Rolle in der Siedlung haben sollten.
Eine lebendige Gemeinschaft
Obwohl im Rahmen der Kampagne nur wenige Zwerge eine zentrale Rolle bei den Zielen der Charaktere spielten, wollte ich die verschiedenen Funktionen, die für das intakte Zusammenleben in der Kolonie nötig sind, ausreichend mit Leben füllen, so dass die Spieler auch abseits ihrer Aufgaben die Langbärte kennenlernen konnten. Neben der Führungsriege um Balin und Óin erfüllten zahlreiche Zwerge ihre Pflicht als Kämpfer oder Wächter, auch die diversen Minenarbeiter sowie die Grob- und Feinschmiede spielten eine wichtige Rolle im geschäftigen Treiben unter dem Berg. Dazu kamen Prospektoren, Quartiermeister, Gelehrte oder Steinmetze oder andere Berufsgruppen.
Für die Beschreibung sollten, wie schon von Tagschatten zum aktuellen Karneval der Rollenspielblogs über NSC propagiert, der Name (wie schon Tolkien selbst bediente ich mich dazu großzügig in der Edda), der Beruf und eine prägnante Charaktereigenschaft reichen. Zwar folgten die Spieler geradlinig ihrer Aufgabe und sprachen primär mit der Führungsriege oder dem für ihr Ziel wichtigen Schmied Finnur, da sie aber während ihrer Expeditionen durch Khazad-dûm mit verschiedenen Kriegern oder Minenarbeitern die unteren Tiefen, die Erzstollen oder alten Grabkammern erkunden mussten, erwies es sich als hilfreich, im Vorfeld eine solche Vielzahl von NSC vorbereitet zu haben.
Eine Etappe auf den Spuren der Vergangenheit
Für die Kampagne war der Aufenthalt in Moria ursprünglich nur als kurze Episode geplant. Hauptmotiv war die Suche nach einem klassischen MacGuffin, einem alten Schwert, mit dem ein Adliger aus dem inzwischen untergegangenen Arnor vor Jahrhunderten symbolisch seinen Titel erhalten hatte. Diesen Gegenstand wollte ein gondorianischer Abkömmling (der im Herrn Der Ringe nebenbei erwähnte Graf Angbor) nun nutzen, um inmitten einer unklaren Erbfolge seinen Herrschaftsanspruch zu unterstreichen. Aber natürlich kriegt der Rivale des späteren Grafen Wind von der Sache und schickt die mit ihm verbündeten Korsaren von Umbar hinterher...
Im Lauf der Kampagne mussten die Abenteurer zunächst ins Breeland reisen, um Hinweise auf einen gefallenen Weggefährten des Ahnen aus der Zeit des Kriegs gegen Angmar zu finden. So führte sie der Weg nach Fornost, wo sie in der Ruine von Arnors alter Hauptstadt die Bruchstücke (natürlich war die Klinge geborsten!) das alte Schwert fanden. Damals ursprünglich ein Geschenk und Freundschaftsbeweis der Elben von Eregion an den König von Arnor, suchten die Spieler in Bruchtal nach Hinweisen, wie diese Klinge neu geschmiedet werden könnte. Tatsächlich aber zeigte sich, dass das Schwert eigentlich zwergischen Ursprungs war, hergestellt als Symbol der Freundschaft zwischen Langbärten und Elben.
Eigentlich sollte die Reparatur durch die Zwerge nur eine kurze Episode werden, aber wie es bei einer laufenden Kampagne nun einmal so ist, ergaben sich von Sitzung zu Sitzung immer neue Bereiche in Khazad-dûm, die die Charaktere bei ihren Abenteuern erkunden mussten. Die umfangreiche und inspirierende Moria-Box von Decipher war daran sicher nicht ganz unschuldig. Höhepunkt der Erlebnisse in Zwergenbinge schließlich war, wie die Helden Zeugen von Balins Tod im Schattenbachtal und der Invasion der Orks wurden. Nur in letzter Sekunde konnten sie am Westtor beim ersten Auftauchen des Wächters im Wasser (der, wie wir aus der Vorlage wissen, sich bei dieser Gelegenheit Óin packte) entfliehen.
Die Ironie der ganzen Reise war bei der Rückkehr der Abenteurer nach Gondor schließlich, dass sie schlicht zu spät kamen – Truchsess Denethor hatte sich schon für den anderen Adligen entschieden. Allerdings nutzten die verbündeten Korsaren diese Entscheidung mit einem Überfall auf die Hafenstadt Pelargir, bei der sie innerhalb der Stadtmauer Hilfe bekamen – diese Belagerung stellte das Finale der Kampagne dar. Der verräterische Graf wurde schließlich verbannt und so konnte, wie in Tolkiens Vorlage beschrieben, Angbor den Grafentitel annehmen.
Natürlich hätte ich von vornherein die Kampagne auf die Belagerung von Pelargir beschränken können, aber so ist es nun einmal: Eine Kampagne wächst während des Spiels, und so stießen die Spieler während ihrer Abenteuer mehr und mehr in die Geschichte Mittelerdes vor. Beschwert hat sich jedenfalls niemand.
Download
Nun aber genug des langwierigen Geschwafels! Die ausführliche Beschreibung von Balins Kolonie in meiner Kampagne kann natürlich auch heruntergeladen werden:
"Die Zwerge von Balins Kolonie" (pdf 282KB)
Dieser Artikel ist Teil des Karnevals der Rollenspielblogs im Juli 2014 über zum Thema "Lebendige NSC". Die Moderation liegt bei Engor, alle Beiträge des Monats werden zudem in diesem Thread des Forums der Rollenspielblogs aufgelistet.
Bildnachweise
Daniel Falconer/Decipher: "Ironfist Dwarf", "Stiffbeard Dwarf" via Tolkien Gateway
Klasse Sache das!
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