Eine meiner überraschenden Anschaffungen auf der erst kürzlich stattgefundenen Spiel 2021 war das kompakte Spielchen Dungeon Drop, bei dem wahllos fallengelassene Würfel allein durch ihre Lage einen Dungeon ergeben. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man diese Grundidee auch auf das Rollenspiel ausweiten kann.
Das Spiel "Dungeon Drop"
Dungeon Drop war bereits im Sommer 2019 ein erfolgreicher Kickstarter, dessen Fortsetzung Herbst 2020 ebenfalls per Crowdfunding finanziert wurde. Der Kern des Spiels ist erschreckend einfach: eine Vielzahl von Holz- und Plastikwürfeln wird schlicht auf die Spielfläche fallen gelassen, und ihre Position bildet ein fertiges Verlies, das es zu plündern gilt.
Um in diesem Wust einen Überblick zu erhalten, sind Farbe und Größe wichtig: Graue Würfel sind Säulen, und drei Säulen der eigenen Wahl grenzen einen Raum ab, dessen Inhalt ein Spieler in seinem Zug an sich reißen kann. Monster (Holz in grün oder rot) kosten dabei Lebenspunkte, Schätze (Plastik in rot, weiß oder blau) geben Siegpunkte. Besonders sind noch die Schatztruhen, deren Wert man klassisch erwürfelt; die aber erst geöffnet werden können, wenn man auch einen Schlüssel ergattern konnte. Zu Beginn des Spiels verteilte Rassen- und Klassenkarten geben zudem noch die Möglichkeit, bestimmte Würfel umzuinterpretieren oder auf dem Feld umherzuschnippsen. Nach 15 bis 20 Minuten sollte das Verlies geplündert sein und der Sieger feststehen.
Und nun stellt sich natürlich die Frage: Kann man diese ungewöhnlichen Mittel auch sinnvoll im Rollenspiel einsetzen?
Komponenten und ihre Bedeutung
Die grundsätzliche Idee, Gegnertypen durch Würfelfarbe und -größe darzustellen, kann man direkt übernehmen. Natürlich könnte man statt der einfarbigen Kuben auch w6 verwenden, aber das würde den Zufallsfaktor wohl nur unnötig erhöhen: Am Ende erwartet man eine Horde Kobolde und platzt stattdessen in die Hauptversammlung der Großen Drachen der Sechsten Welt von Shadowrun...
Ich gehe davon aus, dass ein gutsortierter Rollenspielhaushalt auf eine ausreichende Zahl von Holzwürfeln aus Brettspielen zugreifen kann; wenn schon nicht in unterschiedlichen Größen, so doch in verschiedenen Farben. Und ansonsten gibt es immer noch gut sortierte Händler wie spielmaterial.de, um sich entsprechend einzudecken.
Säulen und Räume
Hier ergibt sich bereits die größte Abweichung zu im Rollenspiel brauchbaren Raumkarten: Während Dungeon Drop dazu auffordert, aufgrund der gewürfelten Säulen ausschließlich Dreiecke zu bilden, ist dies für alltägliche Räume nicht übertragbar. Zudem kennt Dungeon Drop keine Korridore, Flure oder ähnliches.
Dementsprechend müsste man bei den entstehenden Räume schlicht nach eigenem Gusto bestimmte Säulen ignorieren, um halbwegs brauchbare vier- oder mehreckige Räume zu erhalten. Zusätzlich kann man so entfallende Säulen vielleicht auch neu würfeln. Um auf diesem Weg ein funktionsfähiges Gewölbe zu erhalten, ist es zudem ratsam, nicht nur Mauern als direkte Verbindung der Säulen zu ziehen, sondern diese nach Bedarf direkt als separate Korridore anzulegen.
Monstrositäten
Gegenspieler vermag man hingegen ganz der Grundidee von Dungeon Drop durch Farbe und Größe der einzelnen Würfel eine bestimmten Gruppe und Mächtigkeit zuzuordnen. Etwa so, wobei die Farbauswahl selbstverständlich dem eigenen Fundus angepasst werden kann:
- Grün - Grünhäute: Goblins / Orks / Trolle
- Rot - Echsen: Kobolde / Echsenmenschen / Drachen
- Weiß - Untote: Skelette / Ghoule / Vampire
- Braun - Getier: Ratten / Wölfe / Bären
- Orange - Kämpfer: Schergen / Kämpfer / Elitekämpfer
- Lila - Adepten: Novize / Zauberer / Hexenmeister
- Schwarz - Schurken: Beutelschneider/Dieb/Assassine
Schätze
Die Deutung der Schätze benötigt eine stärke Differenzierung als in der Vorlage. Wird diesen in Dungeon Drop durch eine Karte nur ein zufälliger Wert zugewiesen, kann man für das Rollenspiel jedem bestimmten Würfel eine feste Schatzkategorie zuordnen. Die durchsichtigen und goldenen Würfel aus dem Brettspiel beibehaltend, kann dies etwa so aussehen:
- Gold - Wertgegenstände: Münzen / Gemmen / Kunstgegenstand
- Weiß - Magischer Gegenstand: Trank / Spruchrolle / Ring
- Blau - Magische Ausrüstung: Waffe / Schild / Rüstung
- Rot - Verfluchter Gegenstand: Waffe / Trank / Ring
Alternativ kann man je nach verwendetem Regelsystem (DnDs ausführliche Tabellen aus dem Dungeon Master's Guide kämen mir da in den Sinn) die Würfelgröße und -farbe den mannigfaltigen Zufallstabellen für Schätze zuordnen. Noch mehr Zufall sicherlich, aber hier ein vom Spielsystem gewollter.
Weitere Elemente
Nun hat man zwar ein bevölkertes Verlies mit halbwegs sinnvoll zusammenhängenden Räumen, allerdings fehlt jegliche Einrichtung oder anderer fest verbaute Zusätze. Wird allerdings auch dies mit Würfeln (in transparent sind noch einige Farben nicht zum Einsatz gekommen) zugewiesen, so kann dies zu einigen sehr obskuren Aufbauten, gerade bei Geheimtüren und -gängen, führen.
- Gelb - Falle
- Orange - Hindernis
- Lila - Geheimtür
- Schwarz - Treppe
Bei den Geheimpassagen böte sich an, zusammenhängende Ausgänge mit jeweils der gleichen Farbe zu kennzeichnen. Bei Fallen und Hindernissen kommen fortführende Zufallstabellen in Frage, auch hier bietet etwa der Dungeon Master's Guide ausreichende Vorlagen.
Ein Probeverlies
Genug der grauen Theorie, nun sollten diese Überlegungen auch einmal in die Tat umgesetzt werden. Um die Karte einzuzeichnen verwendete ich mein handliches Noteboard, als äußere Begrenzung reichten mir einfache Briefumschläge, um damit die kreisrunde Form eines Magierturms (oder zumindest eines Stockwerks) abzubilden.
Bei den Würfeln nahm ich absichtlich nicht den Inhalt des frisch erstandenen Dungeon Drop, sondern griff auf meinen Fundus von generischen Pöppeln für meine Brettspielprototypen zurück. Durch die farbliche Zuweisung bekam ich bereits im Vorfeld eine gute Vorstellung davon, was die Abenteurer erwarten soll:
Kleine Holzwürfel
01x Lila - Der Hexenmeister
01x Blau - Der Assistent
02x Rot - Getreue Wächter
06x Grün - Untote Arbeitsdrohnen
05x Gelb - Schatz
03x Orange - Verfluchter Gegenstand
20x Grau - Säulen
Große Blankowürfel
01x Grün - Das Monstrum
01x Weiß - Treppe
02x Beige - Falle
02x Gelb - Hindernis
Das eigentliche Würfeln hat dann erst im dritten Anlauf zufriedenstellen geklappt, bei den ersten beiden Anläufen sammelte sich alles recht unbrauchbar am Rand. Der finale Wurf hatte dann aber auch direkt eine ansprechende Konstellation von Säulenwürfeln, die einen zentralen Korridor und eine breite Eingangshalle suggerierten. Dieser war dann Ausgangspunkt für weitere Räume, auch wenn diese letztlich etwas groß geraten scheinen. Mit entsprechender Zeichnung auf dem Board ergab sich bereits ein guter Überblick über das Stockwerk, mitsamt gut gelegener Treppe für weitere Ebenen und einem guten Eindruck, was die Räume aufgrund der darin befindlichen Personenwürfel sein könnten. Die zwei roten Wächter (rot) im Korridor erwiesen sich als stimmig, der Assistent (blau) im Eingangsbereich mutete da schon befremdlicher an. Der Hexenmeister (lila, aus Versehen 2x im Spiel) selbst scheint zwar zweien seiner Schergen Anweisungen zu geben, aber ansonsten ist sein Raum erschreckend leer.
An dieser Stelle stieß der Versuch aber auch schon an seine Grenzen. Einerseits scheine ich mit 20 Säulen zu großzügig gegriffen zu haben, andererseits habe ich dann doch wegen der Ballung der Würfel nur wenige, ausladende Räume herausgedeutet. Tragisch dann, wenn gerade diese Hallen nur mit zwei oder drei Männlein bevölkert werden.
Wie kann man dem also abhelfen? Weniger Säulen (grau) würden sicherlich helfen und vielleicht auch die potentiellen Räume stärker strukturieren. Die Würfel innerhalb der Räume selbst waren in diesem Erstversuch zu viel des Guten und arg unübersichtlich. Hier macht vielleicht eine sukzessive Befüllung Sinn, bei der der SL bei Betreten des Raums einige zufällige Würfel aus der Schale greift und grob in den neuen Raum fallen lässt. Ähnlich könnte man anschließend mit Bewürfelung durch Schätze und ähnliches verfahren.
Nun ja, immerhin hat das erwürfelte Stockwerk ja eine Treppe. Vielleich lasse ich mir das ganze noch einmal durch den Kopf gehen und versuche mich dann an den nächsten Ebenen.
Dieser Artikel ist ein Beitrag zum Karneval der Rollenspielblogs im September/Oktober 2021 mit dem Thema "Zufallstabellen". Die Moderation liegt bei Neue Abenteuer, wo auch auf die bisherigen Beiträge verlinkt wird.
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