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30.03.2023

Gratisrollenspieltag 2023: Mausritter mit Kindern

 Am vergangenen Wochenende hat die Stadtbücherei im heimischen Hilden den Nachmittag dem Gratisrollenspieltag gewidmet. Ich selbst habe mit Mausritter eine der Runden für vier Kinder geleitet - für mich die erste Sitzung in diesem System, und für die vier Mäuse ihre erste Rollenspielrunde überhaupt.


Mäuse kommmen immer gut an
Tatsächlich war meine Mausritter-Runde von allen angebotenen auch die erste, für die alle fünf Plätze gefüllt waren; und mit einer kurzfristigen Absage wegen Krankheit fanden sich am Samstagnachmittag auch drei Mädchen und ein Junge zwischen 8 und 11 Jahren ein. Von den vier hatte bisher niemand Erfahrung mit Rollenspiel, so dass ich im Vorfeld einige erklärende Worte an die Runde richtete.

Ich begann mit den üblichen Hinweisen, dass nun die Kinder die Helden ihrer eigenen Geschichte sein würden und selbst bestimmten, wie diese verlaufe. Zudem wies ich wie im Mausritter-Regelwerk sehr deutlich darauf hin, dass sie nun nur einfache und somit schwache Mäuse verkörpern würden. Während in anderen Spielen die Figuren schnell an großer Macht gewinnen, sei hier Pfiffigkeit gefragt, denn jeder Würfelwurf berge gerade bei Mausritter schnell das Risiko eines gefährlichen Fehlschlags.

Währenddessen suchten sich die Kinder ihre Mäuse aus - die fünf im Mausritter-Schnellstarter angebotenen - und erhielten zusätzlich ihre Ausrüstungsmarker, in die ich in den Tagen davor einige Arbeit investiert hatte. Gerade diese Marker, mit denen die Kinder ihre Möglichkeiten während der folgenden Runde direkt vor Augen hatten, lösten einiges an Begeisterung aus. Jedenfalls so lange, bis sie diese auch auf den wenigen Feldern ihres jeweiligen Bogens unterbringen mussten.


Auf in den Verbotenen Garten
Erst zwei Tage vor der Samstagsrunde entschied ich mich, statt des Abenteuers Honig im Gebälk aus der Regelbox auf das Schnellstarter-Szenario Der Verbotene Garten Der Katzenmagierin umzuschwenken. Sollte ich nämlich jemand dazu überzeugen, sich weiter mit Mausritter zu beschäftigen, so könnten sie das Abenteuer der Box auch noch nutzen.

Allerdings änderte ich den Beginn des Gartens leicht ab: Während in dem Heftchen die Mäuse als allererstes eine turbulente Fahrt in einem Papierschiff hinter sich bringen, wobei sie aber gleich einen Gegenstand verlieren wollten, wollte ich den Kindern alle Ausrüstung mit ihren Möglichkeiten belassen. So mussten diese also einen Weg durch das schwere verschlossene Tor oder über die hohe Mauer zu ihrem Ziel finden, was auch schnell zu sehr kreativen - wenn auch nicht unbedingt funktionierenden - Ideen führte. Eine Räuberleiter zum Schloss des Tores, das mit einem Enterhaken geknackt werden sollte, scheiterte am Sturz einer der Mäuse und der daraufhin erschwerten Probe, mit dem Haken etwas auszurichten. Die Idee, mit den vielen Fackeln der Gruppe ein kleines Loch in das Tor zu kokeln - was ich hätte durchgehen lassen - wurde von den Kindern doch verworfen. Schließlich opferte eine der Mäuse all ihre Schleudersteine, um die Scheibe in einem der Fenster des angrenzenden Hauses zu bekommen. Erst jetzt präsentierte ich den Kindern auch die gesamte Karte des Gartens aus dem Schnellstarter (aus der ich am Vormittag mittels Photoshop noch schnell alle verräterrischen Beschriftungen entfernt hatte).


Eine schnelle Schatzsuche

Ab hier gingen die Kinder überraschend zielstrebig vor. Zuerst untersuchten sie eine Klappe mit jeder Menge Schrott dahinter, wo sie auch prompt mit einem Glühenden Stein ihren ersten Schatz fanden. Eines der Mädchen beschloss auch sofort, diesen statt ihrer Fackel zu nutzen, damit diese sich nicht verbraucht.

Direkt danach untersuchten die vier schon den Magierinnenturm in Form eines metallenen Kratzbaums. Drei der Mäuse begaben sich direkt in den Fallentunnel, wo ich ihnen die umgeknickte Karte mit nur dem ersten Raum präsentierte. Verwirrt von den vier Symbolen auf dem Boden, tappten diese auch direkt in die erste Falle mit der herunterschnellenden Decke. Zwar waren die Kinder pfiffig genug zu fragen, ob sie die sich langsam wieder hebende Deckenplatte nicht einfach oben drauf überqueren könnten; aber ich wies darauf hin, dass sie eingesperrt seien und zerdrückt würden, wenn sie nicht rechtzeitig die Tür auf der anderen Seite erreichten.


Die vierte Maus indes erklomm erfolgreich den Turm und fand neben einem dem magischen Schwert Rostnagel und dem Zauber Geisterkäfer auch drei seltsame Symbole. Nun dachte ich, würde alles ganz schnell gehen, da diese für die drei Fallenräume die Zeichen auf den trittsicheren Platten angeben, aber weit gefehlt. Statt dessen interpretierten die vier Kinder, allen voran der Junge als der knapp älteste der Gruppe, alles mögliche in die Zeichen Sanduhr - Trauriger Smiley - Bombe. Ob irgendwo die Zeit eine Rolle spielte? Ob man im dritten Schritt explodieren würde? Was für mich als erwachsenen und erfahrenen Rollenspieler erschreckend einfach schien, stellte die Kinder vor eine überraschend hohe Hürde.

Dennoch kamen die vier weiterhin auf sehr kreative Ideen, den ersten Raum zu durchqueren - und letztlich funktionierte das enge Entlangdrücken an den Wänden nur, weil die Deckenfalle noch nicht wieder scharfgeschaltet war. Im zweiten Raum kamen sie mit diesem Trick gar nicht weit, sondern lösten prompt die Falltür in die Grube mit Batteriesäure aus. Erst jetzt und mit einigen Hinweisen von meiner Seite kamen sie so langsam auf die Idee, die Platten mit den falschen Symbolen zu überspringen, was aber nicht immer gelang. Schließlich hatten schon alle einiges an Schaden einstecken müssen, was die folgenden Proben nur noch schwerer machte.


Am Ende schafften es drei Mäuse in den eigentlichen Schatzraum, wo sie neben dem gesuchten Federbann-Zauber auch eine Rüstung (zu spät eigentlich) und von mir spendiert den Zauber Wachstum fanden. Nach einer heilenden Rast nutzten sie diesen auch zielstrebig, so dass eine dreimal so große Maus nicht nur wie von mir erhofft ihre Kameraden mit großen Schritten über die sicheren Platten ins Freie trug, sondern auch diese Größe zu meiner freudigen Überraschung gleich nutzte, um die zu Beginn unüberwindliche Gartenmauer zu überklettern.

Dieser hart erkämpfte Erfolg sorgte auch für prompten Jubel unter den vier, gleich gefolgt von der direkten Bitte, ob ich nicht direkt mit noch einem Abenteuer weitermachen könnte. Wie schön, genau das Ergebnis, das man sich unter Rollenspielneulingen erhofft. Da die vier Kinder aber gegen Ende des Szenarios aber schon merklich hibbelig wurden und es auch schon früher Abend war, musste ich sie leider enttäuschen. So beließ ich es bei Heinweisen für die Eltern auf den Schnellstarter - dank Paket in der Bibliothek ausliegend, alternativ halt zum Gratisdownload - und die umfangreiche Regelbox.


Was die Kinder nicht erlebt hatten

Auch wenn die vier großen Spaß gehabt hatten, so gestaltete sich das Abenteuer doch für sie wie ein überschaubarer Escape Room mit nettem Rätsel und einigen (überaus lebensgefährlichen) Hindernisse. Einen wichtigen Aspekt des Rollenspiels hatten die Kinder aber durch ihr sofortiges Aufsuchen des Katzenturms und des Fallentunnels unwissentlich umgangen: Die Interaktion mit anderen Figuren. Ironischerweise ist Der Verbotene Garten eigentlich voll davon - Zufallsbegegnungen mit den Aufziehkreaturen oder dem Waschbär Rumpel voll davon; und gerade letzterer wäre mit etwas Geschick auf die Seite der Mäuse zu ziehen gewesen.

Vielleicht zu ihrem Glück sind die vier Nager damit auch Kämpfen aus dem Weg gegangen, wären sie etwa auf ein Uhrwerkfrettchen gestossen, das sie gefangen nehmen will. Da die vier Kinder aber schnell verinnerlicht hatten, wie gefährlich Würfeln und somit eine bewaffnete Konfrontation geworden wäre, kann ich mir sogar vorstellen, dass sie einen pfiffigen Weg gefunden hätten, solch einem Konflikt auszuweichen.


Was ich über Mausritter gelernt habe
Als die Stadtbücherei bei mir angefragt hatte, ob ich im Rahmen des Gratisrollenspieltags speziell für Kinder im Grundschulalter etwas anbieten möchte, habe ich mich mit meiner Wahl für Mausritter von niedlichen Optik des Spiels täuschen lassen. Die wenigen Trefferschutzpunkte, der ansehnliche Schaden von Begegnungen und Fallen sowie die gnadenlosen Konsequenzen von Attributsschaden habe ich bei der Regellektüre völlig unterschätzt. So mögen mir Fans von solcher OSR-Mentalität verzeihen, dass ich den Schaden, den die Nager der Kinder erleiden mussten, von der Würfelart deutlich reduziert habe. Einerseits hätten sie so natürlich gelernt, dass törichtes Verhalten tödliche Konsequenzen haben kann, andererseits aber hielt ich es - gerade weil die Kinder die Hauptaufgabe des Szenarios fast gelöst hatten - für besser, wenn diese ihre allererste Rollenspielrunde mit einem Erfolgserlebnis beenden.


Was sonst noch geschah

Natürlich war meine Mausritter-Runde nicht die einzige, die an diesem Nachmittag stattfand. An zwei anderen Tischen hatte sich die Spielerschaft eingefunden zu jeweils einer Runde Alien und einer Runde Mutant Jahr Null. Von beiden hatte ich aber so gut wie nichts mitbekommen, denn die Kinderrunde wurde wegen der doch sehr erwachsenen Themen der beiden anderen Spiele in einen separaten Raum verlegt.


Im Vorfeld war auch noch eine Runde Hexxen 1773 angeboten worden, diese kam aber wegen zu weniger Anmeldungen nicht zustande. Dennoch kann der Gratisrollenspieltag, nachdem dieser in der Stadtbücherei Hilden als voller Erfolg gewertet werden. Ich würde mich freuen, auch im nächsten Jahr eine Runde anzubieten, und auch gerne eine für junge Einsteiger. Ob es dann aber auch wieder Mausritter sein wird, muss ich mir noch überlegen.

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