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29.06.2017

7te See: Die Ruine der Feste Targenwarder

Der Krieg des Kreuzes hat die Eisenlande arg gebeutelt. Auch die Zollfeste Targenwarder, einst stolze Trutzburg an der Grenze nach Castillien, ist nur noch ein Schatten ihrer ehemaligen Pracht. Dennoch versucht die alte Familie von Stautzen, ihrer Aufgabe als Zöllner weiterhin nachzukommen. Targenwarder mag nur noch eine Ruine sein, aber es ist immerhin ihre Ruine!


Einer der größeren Flüsse, der in den Wäldern Eisens unweit der Stadt Stutzung aus zwei Quellen entspringt, fließt gen Südwesten und mündet bei der castillischen Hafenstadt Tarago in die Doré-Bucht. Auf halbem Wege wacht die Feste Targenwarder mit dem gleichnamigen Dörfchen über den Strom. Schon vor Jahrhunderten wurde sie als Zollanlage an dieser strategisch günstigen Stelle errichtet, an der der Fluß durch eine kleine Insel geteilt wird. Die Familie von Stautzen brachte es so zu einigem Wohlstand, von dem auch die Siedlung am Flussufer profitierte.


Der Krieg des Kreuzes allerdings war für Targenwarder verheerend. Nicht nur war die Zollfeste immer wieder Belagerungen ausgesetzt, die sie erfolgreich abwehren konnte, auch das Dorf war in den Kriegsjahren mehrmals von fremden Streitkräften und Söldnertrupps besetzt. Die Bevölkerung fand dann stets Zuflucht in der Feste und hat den von Stautzens diesen Schutz bislang nicht vergessen. Dennoch wurde die Zollfeste durch die wiederholten Angriffe stark beschädigt.

Die großflächige Vorburg mit Ringmauer und Turm ist fast verschwunden, von der eigentlichen Feste steht vor allem noch eine Frontseite des Palas. Nur noch zwei Stockwerke des ursprünglich vierzehn Meter hohen Baus sind, und dies auch nur zum Teil, nutzbar. Hier residieren die von Stautzens, oft genug müssen aber die wenigen verbliebenen treuen Soldaten ebenfalls hier einquartiert werden. Die schmalen Kellergewölbe, die früher die reichhaltige Zolleinnahmen beherbergten, sind zum Teil eingestürzt; aber derzeit reicht eine Kammer zur Sicherung der spärlichen Einkünfte aus. Vor der Palasmauer steht noch ein nutzbares Wohnhaus, das vor allem von den Soldaten genutzt wird. Oft genug ist aber auch Gotthelm von Stautzen hier zu finden, der sich hier ein provisorisches Büro für das Tagesgeschäft eingerichtet hat.



Die Familie von Stautzen
Das Geschlecht der von Stautzen hat seit Gründung der Feste Targenwarder hier ihren Stammsitz. Einst eine angesehene, wenn auch nicht sehr einflussreiche Familie, hat der Krieg des Kreuzes ihnen schwer zugesetzt. Oberhaupt Götz von Stautzen, ein hünenhafter Ritter Ende 60, hat in dieser Zeit etliche Feldzüge mitgemacht und dabei sein linkes Bein verloren. Die Schrecken, die er auf den Schlachtfeldern miterleben musste, setzen inzwischen auch seinem Geist zunehmend zu, so dass er meist nur noch in seiner Kammer dahinsiecht. Dort wird er von seiner gramgebeugten Gattin Verena gepflegt.

Formell ist Götz zwar noch das Familienoberhaupt, doch die täglichen Geschäfte hat schon vor geraumer Zeit sein ältester Sohn Gotthelm von Stautzen übernommen. Doch mit den wenigen verbliebenen Mannen und der geschwächten Kriegskraft der Festung muss er jeden Tag aufs Neue seine Autorität beweisen und Schiffe, die Targenwarder inzwischen meist nur noch verlachen, zur Abgabe des Zolls zwingen. So zeigt Gotthelms Haupt trotz seines Alters von Anfang Dreißig schon die ersten grauen Haare, und auch sein verhärmtes Gesicht kann seine Sorgen nicht verbergen. Zum Glück kann er sich der Unterstützung der Dorfbevölkerung sicher sein, die im Krieg ähnliche Gräuel durchleben musste und sich weiterhin dem Haus von Stautzen verbunden fühlt.

Der jüngste Spross Heimfried von Stautzen, gerade einmal siebzehn Jahre alt, ist ein aufmüpfiger Radaubruder. Die Geringschätzung anderer, weniger gebeutelte Adelsfamilien der Umgebung setzt ihm sehr zu, und so gibt er sich als ausgesprochenes Raubein, als wolle er die abfällige Meinung der anderen noch trotzig bekräftigen. Heimfried hat für die wenigsten manierliche Worte übrig, und schreckt auch vor keiner Schlägerei zurück. Tief in seinem Herzen jedoch wünscht er sich nichts sehnlicher, als dass der Name von Stautzen wieder so achtbar wie früher sein möge, auch wenn er seine Familie derzeit fast nur Sorgen bereitet.

Heimfried von Stautzen kann als Held für einen Spieler dienen, er ist im Abschnitt „Spielwerte“ genau beschrieben.



Feinde und Verbündete
Die von Stautzens müssen sich aber nicht nur gegen die harten Nachkriegszeiten durchsetzen, auch andere Mächte haben es auf Targenwarder abgesehen.

Kirsi Forsberg, Vestin
Die vestische Abgesandte ist in den Eisenlanden unterwegs, um den Einfluss der Handelshäuser ihres Landes zu stärken. Gerade Targenwarder ist wegen seiner Funktion als Zollwarte dabei von großem Interesse. So hat sie Götz von Stautzen bereits finanzielle Hilfe angeboten, um die Ruine der Feste wieder instand setzen zu können und ihre Autorität auf dem Fluss zu behaupten; als Gegenleistung verlangt sie aber einen Teil der Zolleinnahmen. Während Gotthelm, der das Tagesgeschäft führt, unbedingt unabhängig vom vestischen Einfluss bleiben will, hat Kirsi inzwischen das geneigte Ohr des greisen Familienoberhaupts Götz gefunden – und wenn der Alte einen Entschluss fasst, haben seine Söhne zu gehorchen.
Kirsi Forsberg ist im Abschnitt „Spielwerte“ als Schurkin beschrieben.

Baron Javier de Soto Vargas, Castillier
Der kleine castillische Adlige herrscht über ein kleines Lehen an der Grenze zu den Eisenlanden. Schon von frühester Jugend ein schmeichlerischer Intrigant, sieht er nach dem Ende des Kriegs seine Chance gekommen, sich in den Augen seiner Herren zu profilieren. Er hat schon vor geraumer Zeit einen Blick auf die Feste Targenwarder und ihre Zolleinnahmen geworfen. Könnte er diesen Flecken einnehmen, würde das sowohl die Einnahmen der spanischen Krone stärken – ganz abgesehen davon, dass castillische Händler günstigere Zollbedingungen vorfänden – und seinen Einfluss bei Hofe stärken. Dazu unterstützt er im Hintergrund Schmuggler und anderes Gesindel, um auf lange Sicht die Familie von Stautzen in den Ruin zu treiben und den Ort schließlich ohne große Gegenwehr einnehmen zu können.
Baron Javier de Soto Vargas ist im Abschnitt „Spielwerte“ als Schurke beschrieben.


Spielwerte

Heimfried von Stautzen, aufsässiger Adelsspross

Attribute
Entschlossenheit 4
Gewandtheit 3
Muskeln 2
Stil 2
Verstand 2

Fertigkeiten

Athletik 2
Beeinflussen 1
Darstellen 1
Einschüchtern 2
Empathie 2
Gelehrsamkeit 1
Kriegsführung 2
Raufen 3
Reiten/Fahren 1
Überzeugen 2
Waffen 2
Zielen 1

Hintergründe: Aristokrat (Opportunist, ersetzt Reich), Faustkämpfer

Vorteile: Boxer, Entwaffnendes Lächeln, Gute Reflexe (Raufen), Niederstarren, Ohne Rücksicht auf Verluste, Opportunist

Arkana: Tugend – Der Gehängte: Aufopfernd, Untugend – Der Herrscher: Hitzköpfig

Ziele
- Der Familie den eigenen Wert beweisen
- Den Namen von Stautzen wieder achtbar und angesehen machen.
- Die Übernahme Targenwarders durch de Soto Vargas vereiteln


Kirsi Forsberg, Vestin

Attribute: Stärke 4, Einfluss 6, Stufe 10

Vorteile: Ein ehrliches Missverständnis, Feilscher, Gross, Linguist

Arkana: Tugend – Die Straße: Freundlich, Untugend – Das Zeichen: Abergläubisch

Intrigen
(1) Targenwarder soll die Eisenmark durch den vestischen Gulden ablösen.
(3) Mache deine Unterstützung für Haus von Stautzen unverzichtbar.
(5) Binde Targenwarder fest in die vestischen Handelsbeziehungen mit ein.

Rettung: Kirsi verfolgt zwar die langfristigen Handelsziele ihrer Nation, erkennt aber eine erlittene Niederlage durchaus an. Sollten die von Stautzens es schaffen, Targenwarder ohne vestische Unterstützung wieder zu stärken, so wird sie sich anderswo nach lukrativen Geschäftsbeziehungen umsehen. Die Eisenlande bieten jedenfalls ausreichende Gelegenheiten dazu.


Baron Javier de Soto Vargas, Castillier

Attribute: Stärke 6, Einfluss 8, Stufe 14

Vorteile: Duellantenakademie Aldana, Entwaffnendes Lächeln, Reich

Arkana: Tugend – Der Narr: Gewieft, Untugend – Die Münzen: Unerbittlich

Intrigen
(1) Schwäche das Haus von Stautzen.
(3) Übernehme die Kontrolle über Targenwarder.
(5) Annektiere Targenwarder für Castillien.

Rettung: Javier de Soto Vargas ist erfolgsverwöhnt und sehr auf seinen Ruf fixiert. Eine öffentliche Bloßstellung, die sein gescheitertes Komplott aufdeckt, würde ihm die nötige Lektion erteilen.


Hinter den Kulissen
Die Feste Targenwarder ist inspiriert, nein, schamlos abgekupfert von der Kaiserpfalz Kaiserswerth im Norden des benachbarten Düsseldorf. Diese erhob ab dem Jahr 1174 den Rheinzoll und wurde unter Kaiser Barbarossa zur Festungsanlage ausgebaut. Ihre Ruine, deren Grundriss ebenfalls für Targenwarder Pate stehen musste, ist bis heute zu besichtigen und ein beliebtes Ausflugsziel.



Dieser Artikel ist ein Beitrag zum Karneval der Rollenspielblogs im Juni 2017 mit dem Thema "Ruinen". Die Moderation liegt bei mir hier auf Spiele im Kopf, alle Beiträge des Monats werden zudem in diesem Thread des Forums der Rollenspielblogs aufgelistet.


Bildquellen
GFreihalter: Kaiserpfalz in Kaiserswerth (Düsseldorf), 2013, Wikimedia Commons CC-BY-SA-3.0
G. Erkenz: Plan der Kaiserpfalz in Kaiserswerth, 1900, Public Domain via Wikimedia Commons
Alupus: Talseitiger Blick vom Rhein auf die Kaiserpfalz in Kaiserswerth, 2011, Wikimedia Commons CC-BY-SA-3.0

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