Bei ihrer Verwüstung der Provinz Barsaive durch die Geißel haben die Schrecken zahllose grausige Relikte hinterlassen, die den Namensgebern bis heute zu schaffen machen. Nicht nur Konstrukte und Gezücht suchen die Welt von Earthdawn noch heim, auch die Natur wurde grausig entstellt. Für einen Pestbaum, der das Siechtum der Schrecken weiter verbreitet, biete ich im folgenden drei Varianten an.
Variante 1: Der Sämling
Nicht ein einzelner Baum verbreitet das Unheil der Schrecken, stattdessen pflanzt sich dessen Saat immer weiter fort. Diese Sämlinge sind von gewöhnlichen Obstkernen nicht zu unterscheiden. Wo sie Wurzeln schlagen, wachsen innerhalb von wenigen Jahren prächtige Obstbäume mit prallen, verlockenden Früchten. Diese zu essen jedoch ist es, was die Krankheit des Baums weitergibt. Da es sich nicht um ein Gift handelt, sind die daraus folgenden Sämlingskrämpfe nach Ausbruch auch ansteckend.
Sämlingskrämpfe
Art: Schwächend (Tödlich)
Wirkungsstufe:10
Verzögerung: 3-4 Tage
Intervall: 7/1 Tag
Wirkungsdauer 7-10 Tage.
Einmal in Magen und Darm gelangt, wachsen Fruchtfleisch und Kerne dort weiter. Der Bauch des Infizierten bläht sich auf unnatürliche Weise auf, begleitet von Krämpfen und Durchfall. Diese Ausscheidungen sind in feuchtem Zustand ansteckend. Verstirbt ein Infizierter an den Krämpfen, so wächst aus den in demm Leichnam verbleibenden Kernen ein neuer Baum, um die Ansteckung fortzusetzen. Die Toten zu verbrennen ist ein wirksames Mittel, die Sämlinge zu vernichten.
Die Lage des ursprünglichen Baums, der die Sämlinge abgesondert hat, ist gänzlich unbekannt; und ihn zu finden könnte eine größere Queste umfassen. Vielleicht gibt es aber auch keine ersten Sämlingsbaum, statt dessen hat ein unbekannter Schrecken schlicht unverdorbene Aussaat korrumpiert.
Variante 2: Der Seuchenherd
Inmitten eines von den Schrecken verheerten und auch nach dem Ende der Geißel noch nicht wieder erholten Landstrichs erhebt sich ein mächtiges Dämonenkonstrukt. Ein hoch aufragender, schmaler Baum ist erfüllt von ihrem Siechtum, das er beständigt neu ausbrütet und in der Welt verbreitet. Während der Stamm selbst trocken und fast schon versteinert wirkt, pulsiert die volle Baumkrone von verdorbenem Leben: Schmale Blätter sprießen in blassen, kränklichen Farben, durchzogen von wulstigen Adern. Zapfen wachsen an den Ästen, ähnlich vertrocknet wie der Stamm und bei der geringsten Berührung eine kleine Wolke von übelriechenden Sporen verbreitend. Diese bergen die Krankheiten, die der Pestbaum ausbrütet und mit jedem Reifezyklus ändert.
Da die Infektion des Baums sich stets wandelt, kann der Spielleiter den genauen Effekt der Seuche über die folgende Tabelle festlegen (vgl. "Krankheiten", ED4 SL-Handbuch S. 121 ff.). Die Krankheit erhält einen Rang von 1-12, dieser bestimmt den Würfel, mit dem auf der folgenden Tabelle gewürfelt wird:
Art: 1-10 Schwächend / 11-16 Tödlich / 17+ Speziell
Wirkungsstufe: [Würfelergebnis Rang]
Verzögerung: [Würfelergebnis Rang] Tage
Intervall: [Würfelergebnis Rang] / [Würfelergebnis Rang]
Wirkungsdauer: [Würfelergebnis Rang] Tage
Spezielle Effekte [Würfelergebnis Rang]:
1-3: Dem Infizierten fallen alle Haare aus.
4-6: Ein Körperteil schwillt auf doppelte Größe an.
7-8: Die Haut wird überzogen mit juckenden Pusteln; werden diese aufgekratzt, ist das Sekret ansteckend.
9-10: Die Haut des Infizierten verhornt, ähnlich der eines Trolls.
11-12: Die Knochen des Infizierten verlieren an Stabilität und brechen leicht.
13-14: Die Haut des Infizierten schält sich ab und offenbart das rohe Fleisch darunter.
15: Der Infizierte verliert seinen Geruchs- und Geschmackssinn.
16: Ein Körperteil wird vollständig gelähmt.
17: Der Infizierte wird langsam taub, während Blut kontinuierlich aus seinen Ohren tropft.
18: Die Augen werden weiß und blind; der Infizierte vermag nur noch den Astralraum zu sehen.
19: Die Inneren Organe verhärten, was langsam aber sicher zum Tod führt.
20: Die Inneren Organe lösen sich auf, was langsam aber sicher zum Tod führt.
Für die genaue Lage des Seuchenbaums gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Spielleiter; gelegen in Regionen, die von der Geißel besonders hart verheert wurden. Denkbar wäre ein Ausläufer des Liaj-Dschungels in Richtung des Giftwalds, der bereits berüchtigt ist für den langsamen Tod, den alles Leben dort stirbt. Möglich wären auch die Wälder im östlichen Landis, das ja als einer der ersten Landstriche von der Geißel getroffen wurde. Völlig unbemerkt könnte der Seuchenbaum sein Werk in den Brachen verrichten, die wegen ihrer Verheerung eh nur von den mutigsten Abenteurern betreten werden.
Variante 3: Schloss und Riegel
Ein kleiner Hain ist sichtlich berührt von der Passion Jaspree: Die Natur sprießt hier in kräftigen, gesunden Pflanzen in bunter Farbenpracht. Je näher man jedoch dem Zentrum dieses Wildwuchses kommt, desto mehr beschleicht den Wanderer ein Gefühl unerklärlichen Grauens. Dessen Ursprung liegt im Zentrum des Wäldchens: Auf einer kleinen Lichtung steht ein ausladender Baum mit pechschwarzer Raum, seine Äste wie Fesseln verknotet und verschlungen um einen gewundenen Stamm. Die Krone ist dicht bewachsen mit breiten, dunkelgrünen Blättern, die von dünnen schwarzen Äderchen durchzogen sind.
Dieser Baum, so wie der ganze Hain, ist tatsächlich ein Werk des Jaspree. Die Passion von Wachstum und Wildnis nutzte hier ihre Kraft, um einen Schrecken einzusperren, der während der Plage Krankheit und Tod in die Region brachte. Innerhalb von Minuten ließ Jaspree der Baum emporwachsen, der den bereits geschwächten Dämon in seinem Inneren einschloss. Dennoch sieht man dem hölzernen Kerker seinen Gefangenen an: Nicht nur umschließen eben die Äste und Ranken den massiven Stamme so wie Fesseln, die finstere Essenz des Schreckens fließt auch in die Säfte des Baumes, um diesen zu schwächen und nach draußen zu dringen. So sind die Blätter des Baumes fast vollständig verseucht und verursachen grausige Krankheiten. Zahlreiche Äste zeigen pestschwarze Beulen, aus denen beim Aufstechen ein öliger Saft quillt, dessen Gestank Übelkeit und Atemnot verursacht.
So wundert es nicht, dass dieser Pestbaum stets von verdienten Questoren des Jaspree bewacht und behütet wird. Der gesamte Hain ist weitläufig abgeriegelt und darf nicht von Außenstehenden betreten werden. Diese strengen Maßnahmen dienen nicht nur dem Schutz unbedarfter Namensgeber, immer wieder versuchen Schrecken oder deren Diener unbemerkt in den Hain einzudringen und das hölzerne Gefängnis endlich zu sprengen; oder zumindest die Pestfrucht des Baumes nach draußen zu tragen. Als Questor des Jaspree zur Wacht in diesem Hain berufen zu werden ist eine große Ehre und mag die Belohnung für eine erfüllte Queste im Dienst der Passion sein. Vielleicht ist dies aber auch eine Position für einen hochrangigen Questor am Ende eines langen Abenteurerlebens.
Für die genaue Lage des Hains gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Spielleiter, beide abgelegen und fern größerer Siedlungen oder Handelsrouten. Zum einen sind die Wälder zwischen den Throalischen Bergen und den Caucaviabergen zwar dünn besiedelt, aber zum guten Teil Wildnis, so dass eine Enklave von Jaspree-Questoren hier gut Platz fände. Ein anderer kaum besiedelter Wald erstreckt sich nördlich Urupas in Richtung der Bergkette, die die Grenze Barsaives nach Osten darstellt.
Hinter den Kulissen
Inspiriert wurde dieser Artikel vom letzten und leider in überhasteter Action untergehenden Akt des Films „The Last Witchhunter“ mit Vin Diesel. Dort hat die tot geglaubte Hexenkönigin unbemerkt einen gigantischen Pestbaum erwachsen lassen, der letztlich in einem uninspirierten Fliegenschwarm ausbrach. Variante 3 hingegen wurde angestoßen durch meine Netzrecherche, als ich auf den Pestbaum von Dessau-Roßlau stieß.
Dieser Artikel ist ein Beitrag zum Karneval der Rollenspielblogs im März 2020 mit dem Thema "Seuchen und Krankheiten". Die Moderation liegt bei mir auf Spiele im Kopf, alle Beiträge des Monats werden zudem in diesem Thread des Forums der Rollenspielblogs aufgelistet.
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