Verlieren lernen

18.08.2013
Dem Nachwuchs das eigene Brettspielhobby nahezubringen ist für alle Beteiligten lehrreich: Ich lerne, mich auf die Fähigkeiten und Grenzen meiner vierjährigen Jungs einzustellen; und die beiden üben das Einhalten von ersten Regeln. Mit der aktuellen Lektion allerdings tun sie sich derzeit besonders schwer: Verlieren lernen.


Geister und Hexen
Als Vielspieler passiert es schnell einmal, einfach gnadenlos das Verständnis von Kleinkindern für Spielelemente zu überschätzen, die Erwachsenen ganz einfach vorkommen - so wie etwa im vorigen Monat hier im Blog berichtet. Zum Glück gibt es aber ab diesem Alter schon diverse Publikationen, die man auf den Wohnzimmertisch bringen kann. So habe ich Anfang des Monats dann auch in der örtlichen Bücherei das ab 4 Jahren angedachte Geistertreppe - immerhin Kinderspiel des Jahres 2004 - sowie Hexenhochhaus ausgeliehen, beide vom Verlag Drei Magier Spiele.

In Geistertreppe sollen die Spieler auf dem Spielbrett die namensgebenden Stufen emporsteigen, an deren Ende ein Gespenst erschreckt werden soll. Der Würfel zeigt 1 bis 4 Punkte für die Bewegung sowie zwei Geistsymbole, durch die man eine Spielfigur mit einem Geist überdecken darf. Ein Magnet sorgt dafür, dass die Figur mit dem Geist weiterzieht und man sich somit deren Farbe merken muss. Sind bereits alle Pöppel in Gespenster verwandelt, so darf man zwei beliebige Geister tauschen. Sobald ein Spuk das Ende der Treppe erreicht hat, dreht man die Figur um und sieht den Gewinner.


Ähnlich simpel sind die Regeln für das Hexenhochhaus. Auch hier würfeln sich die Kinder einen Parcour entlang, allerdings sind die Spielscheiben der Hexen auf genau einer Seite magnetisch. Der Würfel zeigt das Fortschreiten um 1 bis 3 Felder, bei 1 und 2 darf man zudem eine beliebige Figur umdrehen. Denn zwei Würfelseiten zeigen einen Besen; und wird der eigene Spielstein von dem beiliegenden Plastikbesen angehoben, so fliegt er bis zum nächsten der mit einem Besensymbol markierten Felder, die jeweils 5 Schritte auseinanderliegen. Auch hier gewinnt derjenige, der als erster das Ende der Strecke erreicht.



Kleine Stolpersteine
Mit den eigentlichen Regeln kommen meine beiden Söhne auch gut zurecht. Nun gut, mitunter zählen sie beim Bewegen ihrer Figur auch das Ausgangsfeld mit, aber das lässt sich schnell korrigieren. Und wie kleine Kinder nun einmal sind, spielen sie mitunter auch einmal ganz frei mit den Komponenten: Da geht eine Figur mal in das Schlafzimmer oder auf die Schaukel des Hexenhochhauses; oder der Geist am Ende der Treppe wird mit einem lauten "Buuuh!" erschreckt.

Auch schauen sie immer wieder mal nach, ob sich denn auch ihre Farbe unter einem Geist verbirgt oder ob ihre Hexe gerade mit dem Besen fliegen kann - egal wie oft ich ihnen erkläre, dass sie sich das merken sollen. Und wie der Titel dieses Artikels auch schon verheisst, lassen die Jungs eines allerdings überhaupt nicht zu: Wehe, es bewegt jemand anders die eigene Figur!


Rühr mich nicht an!
Müssen meine Söhne beim Erklimmen des Hexenhochhauses einmal eine andere Figur umdrehen, ist ein Opfer natürlich schnell gefunden: der Papa. Gibt mir der Würfel allerdings vor, jemanden zu drehen, ist das Gezeter groß, denn das Fliegen mit dem mag(net)ischen Besen ist der Höhepunkt für die beiden. Umgekehrt  sind meine Jungs dann auch wieder ganz selig, wenn man ihren nach langer Diskussion und Gezeter umgedrehten Hexenstein wieder auf die "fliegende" Seite dreht. Dann sagen sie selig Danke und ich darf auch wieder ihr Freund sein.

Ähnlich gestaltet es sich bei der Geistertreppe: So gibt es grosses Geschrei, wenn ich ihre Figur in einen Geist verwandle; und auch wenn ich mich vertue und tatsächlich versehentlich einen anderen Geist als den meinen bewege, schimpft man mit mir. Dennoch ist dies nun mal eine Lektion, die beide verinnerlichen müssen: Man kann nun mal nicht immer gewinnen; und es wäre ja auch kaum spannend, wenn der Gewinner von vornherein feststeht.


Verlieren lehren

Nun habe ich bei gleichaltrigen Zwillingen natürlich das Problem, dass ich nicht die altbewährte elterliche Taktik anwenden kann, den Nachwuchs erst einmal behutsam gewinnen zu lassen, um den kindlichen Frust zumindest ein wenig einzudämmen. So weise ich inzwischen vor jeder Partie darauf hin, dass jeder jeden ärgern darf; worauf auch beide zustimmen - und es dann spätestens bis zur Mitte des Spiels auch wieder vergessen. Zunehmend verzichte ich auch darauf, eine fremde Figur selber anzufassen, sondern fordere einfach das jeweilige Kind dazu auf, dies zu tun; in der Hoffnung, dass sie dadurch wenigstens ein wenig Kontrolle zu haben glauben.

Viel effektiver hat sich bisher erwiesen, darauf hinzuweisen, dass bei einem Rückschlag - insbesondere dem Umdrehen beim Hexenhochhaus - dann eben jemand anders helfen kann. Wie oben bereits erwähnt, kommt diese Art von Hilfe bei meinem Nachwuchs immer sehr gut an.

Dennoch fürchte ich, dass meine beiden Jungs noch einen langen Weg vor sich haben, bis aus ihnen gute Verlierer werden. Wie soll das nur werden, wenn sie erst alt genug sind für Munchkin...?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen