CastleDraft: Über die Stränge geschlagen

31.01.2016
Ich liebe Minimalismus in Spielen, je schlanker desto besser. Dennoch passiert es mir bei meinen eigenen Entwürfen immer wieder, dass sich in der theoretischen Phase der Komponentenerstellung unnötig umständliche Mechanismen, Inhalte oder Zusatzattribute einschleichen, die gleich im ersten Spieltest ausgesiebt werden müssen. So jüngst geschehen bei meinen Solo-Testspielen von CastleDraft.


Der Prototyp: Konsequente Struktur - Erster Anlauf

Die Idee hinter CastleDraft ist, wie in diesem Artikel ausführlicher beschrieben, dass die Spieler reihum Karten mit den Räumen eines Schlosses auswählen und sukzessive aufeinander aufbauen, die entweder Siegpunkte je nach angrenzenden Räumen oder Sondereffekte gewähren. Aber wie heißt es so schön: Spielideen gibt es im Dutzend billiger, die eigentliche Herausforderung ist es, die Idee auch konkret auszuarbeiten.

Dabei fing es zunächst mit schnöder Mathematik an: Wie viele Spieler soll das Spiel unterstützen (2 bis 5), wie viele Karten werden an jeden ausgeteilt (7, von denen 6 verbaut werden, die verbleibende wird abgelegt), und über wie viele Runden soll es gehen (3)? Dadurch werden insgesamt 5x7x3 = 105 Karten nötig, was auch zu den möglichen Druckbogengrößen von 2x54 (2 Pokerdecks) oder 120 Karten (üblich bei publizierten Kartenspielen) passt. Mein Prototyp sollte sich an letzterem Format orientieren.

Auf diese 120 Karten mussten nun die einzelnen Karteneigenschaften und -effekte aufgeteilt werden. Jede Karte hat eine Eigenschaft als Werkstatt, Kaserne, Residenz oder neutral. Liegt auf ihr ein Bewohnermarker, ist dieser abhängig von dem Raum eben ein Arbeiter, Soldat oder Adliger (wegen des doppelten "A" in den Bezeichnungen eingetragen als [W]orker, [S]oldier und [N]oble). Zudem gibt es verschiedene Spieleffekte: Bewohner in Räume legen, Bewohner für Sondereffekte ablegen oder Siegpunkte erhalten. Gerade die ersten beiden Effekte bieten sich für Synergien beim Bau der Burg an: Ein Spieler platziert einen Raum mit Ablege-Effekt, daraufhin folgt eine weitere Karte, die auch den nötigen Bewohner platziert, später kann ich diesen dann wieder für die Nutzung des Effekts ablegen.

Diese Aufteilung führte aber zu einem anderen Dilemma: Auch bei kleineren Spielerzahlen – insbesondere zu zweit – musste sichergestellt werden, dass eben auch genau diese Synergien überhaupt möglich sind. Denn was bringen einem Spieler jede Menge tolle Spieleffekte für das Ablegen von Bewohnern, wenn er keine Karten erhält, die diese Marker überhaupt ins Spiel bringen? Zu diesem Zweck teilte ich die verschiedenen Karten konsequent auf: Zum einen zeigte jede einzelne Karte, bei welcher Spielerzahl sie ins Spiel kommt, damit auch ja alle Effektarten in den einzelnen Runden des Draft vorhanden sein konnten. Zum anderen waren die Karten für die sukzessive Ermöglichung von Synergien in Gruppen je 40 für Runde 1 bis 3 aufgeteilt, außerdem gab jede Karte auch noch genau an, in welcher Runde sie überhaupt Punkte vergibt.

Erster Anlauf - eine Sackgasse

Genau diese rigide Strukturierung erwies sich dann aber im eigentlichen Testspiel als fatal. Bei einer Runde mit zwei Spielern hatten beide im Grunde die gleichen Karten auf der Hand, die große Abwechslung eines Drafts kam gar nicht mehr auf. Zudem waren die Effekte der Karte zwar nett, aber nicht überwältigend, zu viel hing vom langsamen und konsequenten Aufbau der Synergien ab – bei einem kurzen Spiel mit nur drei Runden kaum möglich. Kurzum: Ich hatte bei der Entwicklung der Karteneffekte gnadenlos über die Stränge geschlagen.

So wurde mir also bereits nach nur einer halb gespielten Partie klar, dass die Fähigkeiten der einzelnen Karten vollständig überarbeitet werden müssen. Na, das ging aber schnell.


Der Prototyp: Zurück ans Zeichenbrett – Zweiter Anlauf
CastleDraft musste also rigoros entschlackt werden: Fort mit der Rundenaufteilung, fort mit der Spieleraufteilung! Damit aber auch bei wenigen Spielern die einzelnen Karten dennoch gut aufeinander aufbauen, obwohl ein Großteil des Stapels gar nicht ins Spiel gelangen wird, musste jede Karte für sich interessant sein. Eine Karte, die einen Sondereffekt durch Ablegen eines Bewohners ermöglicht, platzierte nun auch direkt den nötigen Marker, sobald die Karte ins Spiel kommt. Die Siegpunktkarten gaben Extrapunkte für Bewohner, um das Dilemma zu erzeugen, ob man Bewohner für Sondereffekte nutzen oder eben doch für mehr Punkte aufheben will.

Zweiter Anlauf - auf dem richtigen Weg

Der erste Testlauf erwies sich auch als eine erhebliche Verbesserung: Dadurch, dass wirklich alle Karten frei gemischt werden können, ergab sich eine gesunde Abwechslung bei den verfügbaren Handkarten im Draft, bei der man auch nachdenken muss, welche Karte man nehmen soll. Wirklich zufrieden bin ich aber noch nicht: Diverse Sondereffekte sind noch nicht stark und verlockend genug, als dass man sich schweren Herzens für das Ablegen des entsprechenden Bewohners entscheidet. Aber Effekte noch stärker zu machen ist ja nun wirklich kein Programm, und insgesamt sehe ich CastleDraft schon auf einem guten Weg. Mal sehen, wo er hinführt.

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