Blog-O-Quest 62: Gegensätze

30.11.2020

 Wie jeden Monat fragt die Blog-O-Quest, diesmal aus der Feder von Timberwere, nach den persönlichen Befindlichkeiten und Erfahrungen im Hobby Rollenspiel. Diesmal geht es um Gegensätze - sei es bei Spielsystemen, eigenen Charakteren oder Abenteuern. Eine spannende Idee, wenn auch meine Antworten nur bei einigen der Fragen wirklich spannend ausfallen.

  1. Was sind die gegensätzlichsten Regelsysteme, die du bisher gespielt oder geleitet hast?
     
    An den unterschiedlichen Enden, was Verregelung contra freies Erzählen angeht, sind dort wahrscheinlich Rolemaster auf der einen und Fate Core auf der anderen Seite zu nennen. Rolemaster hatte ich mir mal zu Gymnasiumszeiten in den späten 80ern angeschafft, denn schon damals hieß es, dass dieses System unglaublich komplex und tiefgängig sei. Da wir in der damaligen Runde bereits diverse Systeme (darunter auch MERS) bespielt hatten, wollte ich mich einmal an der (so wahrgenommenen) Königsklasse versuchen. Tatsächlich hatten wir auch einige Runden in Rolemaster im hauseigenen Shadow World-Setting gespielt, aber insgesamt war das System dann doch einfach zu klobig.
    Fate auf der Gegenseite habe ich vor geraumer Zeit meiner aktuellen Düsseldorfer Runde anempfohlen, als es ein geeignetes System für ein vom SL entworfenes SF-Setting gesucht wurde. Allerdings bietet Fate diesem Personenkreis dann auf der anderen Seite zu wenig Crunch; außer mir tun sich alle noch relativ schwer damit.
     
    Interessant wird es natürlich, wenn ich die Erfahrungen zwischen verschiedenen Systemen für die gleiche Spielwelt gegenüberstelle. So habe ich Earthdawn als Spieler bereits in der 1e sowie als SL in der 3e und 4e kennengelernt. Mit den unintuitiven Würfelstufen tue ich mich bis heute schwer, und die komplexen Regeln für Fadenmagie ließen bei Erreichen des entsprechenden Kreises einen der Spieler derart verzweifeln, dass er gerne etwas gänzlich anderes spielen wollte.
     

    Dem gegenüber steht mit dem auf Freeform/Universal basierenden Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden natürlich ein Regelleichtgewicht, auch wenn es um diverse Sonderfähigkeiten und Zaubersprüche aufgebohrt worden ist. Tatsächlich spielt es angenehm flüssig, wenn auch es bei passiven Aktionen wie Wahrnehmung etwas hakt, und bringt dennoch das Flair von Barsaive angemessen rüber.
     

     
    Den letzten Vergleich, der sich in meiner Rollenspielvita auftut, führt zurück zu meinen Anfängen im Rollenspiel. Wie bei so vielen erfolgte mein Einstieg in das Hobby mit DSA1, das ja nun besonders aus heutiger Sicht wirklich unglaublich geradlinig und fast schon naiv wirkt. Den feuchten Buchhaltertraum DSA4 habe ich zwar auch im (Keller-)Regal stehen, aber in dieser Phase hat mich fast nur noch die Ausarbeitung von Aventurien interessiert, das mich schon so lange begleitet hatte. Unsere Düsseldorfer Runde hat mal aus Spaß DSA1-Abenteuer (Seuche an Bord, später die Orkland-Trilogie) mit DSA4-Charakteren bespielt, aber bereits bei der Charaktererschaffung wäre ich ohne ein digitales Tool völlig aufgeschmissen gewesen und hätte wohl die Hälfte meiner Punkte und Rabatte verschenkt. Seitdem habe ich DSA nicht mehr angefasst und vermisse nichts.
     
     
     
     

  2. a) Als Spieler.in: Spielst du üblicherweise eher gegensätzliche Charaktere oder ähneln sie sich meistens?
    b) Als Spielleiter.in: Welche Methoden wendest du an, um gegensätzliche NSCs darzustellen?
     
    Unter den Spielern der Düsseldorfer Runde haben sich schon vor einer gefühlten Ewigkeit die individuellen Präferenzen gefestigt, in deren Rahmen ich zumeist die Funktion des Kriegers übernehme - kaum Gegensätze auf dieser Ebene also. Allerdings mag ich sehr gern den Gegensatz zwischen eher martialischen Spezies wie Orks oder Trollen, die dann in schöpferischen Disziplinen unterwegs sind. Zu Gymnasiumszeiten habe in einer Kampagne mal einen Halbtroll-Schreiber verkörpert; in der oben erwähnten Earthdawn 1e-Runde einen Trollschmied. Interessanterweise reizt mich das Gegenteil gar nicht, so dass meine heutigen Krieger vergleichbare Gegensätze nie verkörpern.
     
     
     
    Als Spielleiter habe ich ehrlich gesagt bei den NSC nie in Gegensätzen gedacht. Hauptsache, es finden sich wiedererkennbare Eigenheiten und Wesenszüge; wenn diese einmal bei zwei NSC im direkten Gegensatz stehen sollten, wäre das bei mir eher Zufall.
     
     
  3. Kommt es in deinen Gruppen häufiger zu Gegensätzen zwischen den SCs (Stichwort: gegensätzliche Interessen der Charaktere, Streit und Konflikte zwischen den Charakteren etc.) und wie geht ihr damit um?
     
    In der Düsseldorfer Runde eigentlich gar nicht. Wie gesagt, die Funktionen innerhalb der Gruppe sind etabliert; und alle sind inzwischen sehr auf kreative Lösungen der zu bewältigenden Konflikte konzentriert, in denen kaum Dissenz vorkommt.
     
     
  4. Wie bringt ihr in deinen Gruppen Gegensätze am Spieltisch (Stichwort: Gegensätzliche Spielvorlieben, auffällige vs. unauffällige Spieler.innen etc.) unter einen Hut?
     
    Auch hier kann ich mit meiner Stammgruppe nur wenig zu dieser Frage beitragen, da wie beschrieben die Vorlieben eigentlich etabliert und berücksichtigt sind.
     
     
  5. Hast du schon einmal dasselbe Abenteuer zum zweiten Mal gespielt bzw. geleitet bzw. in unterschiedlichen Abenteuern ähnliche Situationen erlebt, die an den beiden Malen komplett gegensätzlich abgelaufen sind? Und wenn ja, wie ist es gelaufen?
     
    Als Supporter von 7te See habe ich auf Cons schon etliche Male das Abenteuer "Schwarzgebrannt" geleitet, sowie neuerdings für das (aktuell nur englischsprachige) Talisman Adventures RPG die Szenarien "The Corpse Watchers" (aus dem Playtest Guide) und "Death's Messenger" (aus dem finalen Grundregelwerk). Hier zeigt sich aber vielleicht auch die Schwäche von in einem gut abgesteckten Szenario: In der Regel folgen die Spieler eigentlich den verfügbaren Hinweisen und Andeutungen, so dass die Unterschiede eher in den Details liegen, die die individuellen Spieler mit an den Tisch bringen.
     
     
    Tatsächlich hatte ich bei "Schwarzgebrannt" sogar im Rahmen der Spiel in Essen das Vergnügen einer Runde, bei der die Spieler in ihren eigenen Sitzungen stets böse oder zumindest sehr, sehr eigennützige Charaktere verkörpern. Diese wahrlich nicht heldenhafte Herangehensweise an das Abenteuer war zwar eine launige Abwechslung für mich als Spielleiter, aber die eigentlichen Herausforderungen des Szenarios sind dann auch diese Egoisten erstaunlich ähnlich wie alle anderen Runden zuvor angegangen - inklusive einiger Überraschungen, die das Abenteuer bereithält.

 


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