Der Gratisrollenspieltag 2021 ist Historie, und pünktlich zu diesem jährlichen Ereignis haben die Initiatoren des WinterOnePageContests die Sammlung und Preisträger des aktuellen Wettbewerbs veröffentlicht. Für meinen einen Beitrag hat es zwar nicht zum Siegertreppchen gereicht, dennoch will ich mal wieder einen Blick auf die Entstehung anbieten.
Erste Überlegungen
Schon in der Ausschreibung des 9. WinterOPC war in der Beschreibung des Themas "Im Doppelpack" der Hinweis, der meinen späteren Beitrag formen wurde: "gespiegelte Dungeons" wurden da vorgeschlagen. Nur dass ich dann auch einen Schritt weitergehen wollte mit einem Dungeon, in dem sich zwei Realitäten an einem Ort überlagern.
Als Setting entschied ich mich auch sehr schnell für Ravnica; die Gildenwelt aus Magic: The Gathering, die dank eigenem Quellenbuch erfolgreich zu DnD 5e portiert worden war. Zudem schwebte mir zumindest noch Anfang Dezember vor, ob ich nicht alle drei Themen zu einem großen Abenteuer über die Verstrickungen der Gilden zusammenfügen könnte. Mitte des Monats aber war klar, dass diese Verquickung nur mit dem Holzhammer gelingen und zudem meine Ideen für zwei der Themen nur halbgar waren, so dass ich mich schließlich um so konzentrierter auf "Im Doppelpack" stürzte. Dazu aber unten mehr.
Ein Element kristallisierte sich durch diesen Ansatz aber gleich zu Anfang meiner Überlegungen heraus: Jeder Beitrag - wie gesagt, letztlich wurde es doch nur einer - sollte sich auf zwei der Ravnica-Gilden konzentrieren, die dann auch eine der fünf Manafarben des Kartenspiels teilen würden. Diese Farbe würde dann auch die Atmosphäre des Szenarios bestimmen.
Ein rotes Abenteuer bedeutet Action
Da die Idee von parallelen Realitäten bereits als allererstes feststand, war die erste Gilde für "Im Doppelpack" klar: Die Izzet-Liga mit ihren verrückten Wissenschaftlern. Da somit die Magic-Farben rot und blau gesetzt waren, sollte rot auch die sein, die die andere Gilde vertreten würde. Die Boros-Legion mit rot-weiß bot sich an, um wegen der offensichtlichen Gefährdung für die öffentliche Ordnung die Izzet-Unruhestifter in einer wilden Jagd festsetzen zu wollen. Da sich aber im Laufe des Schreibens wie so oft herausstellte, dass der begrenzte Platz weder den Raum lassen würde, einen Trupp von mehreren Soldaten zu beschreiben, noch der überschaubare Austragungsort spannende Verfolgungsjagden oder Versteckspiele zulassen konnte, schwenkte ich erst kurz vor Schluss um. So wurde es schließlich ein einzelner Marodeur der rot-grünen Gruul-Clans, der für das fehlgelaufene Experiment der Izzet verantwortlich war. Der rote, also actionreiche Teil des Abenteuers blieb somit dennoch erhalten, denn zwei verzweifelte Wissenschaftler, die die Schäden eines um sich schlagenden Gruul reparieren müssen, versprachen weiterhin reichlich Druck.
Leichte Regeln und ihre Lücken
Für die regelkonforme Umsetzung meines Aufhängers zeigten sich aber bald auch einige Hürden. So kennt DnD zwar spezifische Zauber wie Gate, Planeshift oder Arcane Gate, die alle irgendwie mit Teleportation und Ebenenreisen zu tun haben, aber keine Anhaltspunkte für eine allgemeine Verregelung geben.
Auch bei der Suche nach Regeln, wie beschädigte Maschinerie des misslungenen Experiments wieder repariert werden kann, bleibt DnD 5e erstaunlich schwammig. Zauber gibt es für diesen Zweck keine (offiziellen), und ansonsten gibt es nur den Verweis auf passende Werkzeute wie Artisan's/Smith's/Tinkerer's Tools. Nicht einmal die durch den neuen Ergänzungsband Tasha's Cauldron of Everything offiziell gewordene Klasse des Artificers war eine Hilfe dabei.
Dafür allerdings war der Band bei einem anderen Problem nützlich: der Abbildung von natürlichen Hindernissen wie Rauchwolken, Blitzschlägen oder herabfallende Trümmer. Hier wurde vorgeschlagen, deren Auswirkungen einfach als zauberähnliche Effekte darzustellen, was insbesondere bei dem begrenzten Platz einer A4-Seite sehr hilfreich war, um nicht Zeile um Zeile mit detaillierten Spielwerten füllen zu müssen.
Kartenwerk und das Drumherum
Wie in den letzten Jahren habe ich auch für den WOPC 2020 mein bewährtes dreispaltiges Layout verwendet, das in der Mitte den nötigen Platz für eine Karte lässt. Nachdem schon im originalen Quellenbuch zu Ravnica von WotC sämtliche Grundrisspläne von Dyson Logos stammten, wollte ich diesen Stil auch für mein Szenario imitieren. Vorlagen fanden sich auf dessen Seiten genug, insbesondere solche von Türmen. Für die Ausgestaltung des Innenlebens konnte ich auf diverse Magic-Karten von klobigen Izzet-Maschinen zurückgreifen. Da aber insbesondere die Außenansichten der Izzet-Bauten schon einiges hermachen, hätte ich auch gerne noch eine Außenansicht des Turms angefertigt - aber ach, auch dafür fehlte der Platz.
Für Kopf- und Fußzeile habe ich einfach die Hintergrundgrafik eines älteren Wettbewerbsbeitrags in Ravnica wiederverwendet; allerdings zeigen die beiden Stadtsilhouetten diesmal die Magic-Farben der auftauchenden Clans.
Und falls sich jemand gewundert haben sollte, was zum Teufel der Titel des Szenarios bedeuten soll: Aus dem Arbeitstitel "Zwei Realitäten" wurde das wenig ansprechende "Realität x2", das ich dann aber dem Inhalt angepasst als sinnlose Formel verklausuliert habe mit griechischen Schriftzeichen, die einfach nur dem gewünschten lateinischen Buchstaben möglichst ähnlich sehen.
Was noch hätte sein können
Wie eingangs gesagt: Ursprünglich hätte ich gerne drei aufeinander aufbauende Szenarien in Ravnica verfasst, fand aber keinen übergreifenden Handlungsbogen passend zu den diesjährigen Themen des WinterOPC.
Für "Im Griff der Seuche" ging mir die MtG-Karte des "Notion Rain" nicht aus dem Kopf; und wenn es in Ravnica schon Informationen regnet, kann man das ja vielleicht mit den Sporendruiden der Golgari verbinden. Grobe Idee war also eine Sporenseuche, die den Einwohnern Ravnicas ihre Gedanken entzieht, die dann bei dem Druiden als finalen Gegner zusammenkommen; und mit den schwarz-blauen Dimir und den schwarz-grünen Golgari wäre auch der tödliche Grundton gelegt gewesen. Abgesehen davon, dass das natürlich sehr an den Haaren herbeigezogen ist, fiel mir für die eigentliche Suche und finale Konfrontation mit dem Bösewicht so gut wie nichts ein, so dass ich dieses Thema schließlich nicht weiterbearbeitet habe.
Nicht unerwähnt bleiben soll auch die MtG-Karte "Plague Boiler", die natürlich haargenau zum WOPC-Thema passte. Aber auch hier fiel mir ausser dem Kartenfund nichts ein, so dass auch das vielleicht für spätere Ideen auf Eis gelegt werden muss.
Das dritte Thema "Verraten und Verkauft" fiel mir ehrlich gesagt am schwersten. Als grobe Einbindung zum Seuchenplot schwebte mir vor, dass die zunehmend von Panik erfüllten Bewohner Ravnicas sich an den schwarz-weißen Bankenclan der Orzhov wenden, der ja nicht davor zurückschreckt, die Seelen säumiger Schuldner zu versklaven. Gegenspieler wäre hier die rechtsprechende, weiß-blaue Gilde der Azorius gewesen, was durch die gemeinsame Manafarbe Weiß den Fokus auf die Rechtstreitigkeiten zwischen den beiden Akteuren gelegt hätte. Das Quellenbuch nennt sogar eine Rechtsbibliothek, die einen passenden Austragungsort für den Gerichtsfall abgegeben hätte, aber da erschöpften sich meine Ideen auch schon.
Die Endauswertung
Auf das Siegertreppchen habe ich in diesem Jahr nicht geschafft, aber dennoch habe aus dem reichen Fundus an Preisen ein gutes Los gezogen: Schon vor einigen Tagen fand ich in meinem Briefkasten den Schnellstarter des Cthulhu-Rollenspiels Fthagn! zusammen mit dem Abenteuer Mens Sana. Da einige Spieler meiner Runde eh seit langem äußerst Cthulhu-affin sind, wird das bestimmt mal die Runde machen.
Die Preisträger und die wie immer tollen Beiträge haben Seanchui, der in diesem Jahr den Würfelhelden professionel vertreten hat, und Greifenklaue wie jedes Jahr bereits online gestellt. Ansonsten bleibt mir nur wie jedes Jahr ein herzliches Dankeschön für einen wie immer großartigen Wettbewerb und die Vorfreude auf Dezember für die nächste Runde.
r(Σ α-l) = i*t (Δ ε+τ) x2 - Ein Szenario für DnD Ravica (pdf 938 KB)
1 Kommentar:
Definitiv auch ein klasse Beitrag!
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