Im Dezember 2017 ging der Winter-One-Page-Contest von Greifenklaue und Würfelheld in die inzwischen siebte Runde. Ich habe in diesem Jahr noch kurz vor Abgabeschluss drei Beiträge fertigstellen können, die zusammen ein großes Ganzes über verschiedene Systeme und Zeitalter bilden.
Vorüberlegungen
Ich will es gleich zugeben: Ich habe gemogelt. Schon bevor am 01. Dezember die fünf Themen des siebten WinterOPC bekanntgegeben wurden, hatte ich mir fest vorgenommen, ein großes Szenario über alle drei möglichen Einreichungen zu entwerfen. Nicht nur das, auch die Systemauswahl war mir schon im Vorfeld klar: Earthdawn – The Age of Legend, Shadowrun Anarchy und schließlich Equinox.
Warum aber drei verschiedene Systeme und Hintergrundwelten, wenn doch alles zusammenpassen sollte? Earthdawn, Shadowrun und Equinox erzählen von drei aufeinanderfolgenden Zeitaltern, in denen das Auf- und Ab der Magiezyklen einen Höhepunkt erreicht. Etabliert wurde diese Verbindung in den 90ern, als sowohl das vierte Zeitalter von Earthdawn und das sechste Zeitalter von Shadowrun noch bei FASA in einer Hand lagen. Equinox war bereits als Fortsetzung im zehnten Zeitalter konzipiert, als Earthdawn noch in seiner dritten Edition bei RedBrick verlegt wurde, erschien dann aber erst 2016 bei ProIndie ohne offizielle Bezugnahme auf seine spirituellen Vorgänger. Die Präsenz von magischen Feldern, Metamenschen und korrumpierenden Dämonen lässt aber auch ohne Nennung keinen Zweifel an den Inspirationsquellen.
Da mit den oben genannten Publikationen zudem drei relativ regelleichte Systeme vorliegen, konnte ich auch sicher sein, nicht allzu viel Platz auf meinen Einseitern für Werteblöcke einplanen zu müssen – man wundert sich, wie knapp bemessen ein DIN A4-Blatt letztlich ist. Diese Festlegung hatte ich damit also schon geraume Zeit vor dem Dezember beschlossen.
Die Suche nach einem übergreifenden Thema
Damit fehlten nur noch die fünf Kategorien für den WinterOPC 2017, um drei davon mit Gewalt für mein Vorhaben der dreiteiligen Geschichte zurechtzubiegen. Als diese schließlich veröffentlicht wurden, schien mir „Im Zentrum der Macht“ das geeignetste zu sein, um rund mit Earthdawn den Grundstein zu legen. Da die langlebigen Drachen zumindest in Earthdawn und Shadowrun (mit unterschiedlichen Namen) auftauchen, erschienen mir diese als ein guter Aufhänger. „Im Zentrum der Macht“ ließe sich auch gut mit dem Stadtstaat Iopos verbinden, der die anderen Machthaber Barsaives mit Intrigen zu unterwandern versucht und (Achtung, leichter Spoiler!) von den meisten unbemerkt auch Verbindungen zu einem großen Drachen hat.
Da mir allerdings von dort aus keine sinnvolle Verknüpfung zu den nächsten beiden Zeitaltern einfallen wollte – die Tatsache, dass in Equinox keine Drachen vorkommen, machte es nicht gerade einfacher – begann ich, im Netz über die offiziell etablierten Verbindungen von Earthdawn und Shadowrun zu recherchieren. Der zündende Funke fand sich schließlich bei der Lektüre von Dunkelzahns Testament, das voll von derartigen Elementen und Abenteueraufhängern ist. Eines davon ist der Rosenkristall, vererbt an den Elfen Aithne Oakforest, der bereits im vierten Zeitalter im Wyrmwald die Plage überdauerte. Kristalle, gerade solche mit gespeicherten Erinnerungen wie der Rosenkristall, sind in allen drei Zeitaltern nichts ungewöhnliches, und als Lebender Kristall auch ein wichtiges Element gerade in der Trollkultur von Earthdawn.
Damit war mein Aufhänger gefunden: Ein Dämon, der seine Opfern mit albtraumhaften Erinnerungen quält und in dem Lebenden Kristall die Jahrtausende zwischen den magischen Zeitaltern problemlos überdauern konnte. Seinen Namen habe ich, wie ich es generell gerne bei Earthdawn mache, dem Nahuatl entlehnt: Aus „tehuilotic“ (wie Kristall, wie Glas, transparent) und „tlatlahuillo“ (rot) wurde Tlahuilloc.
Earthdawn: The Age of Legend – Die Lufternter von Quiya
Mit dem Bezug zu den Trollen, die Barsaive als Luftpiraten in ihren fliegenden Drakkaren heimsuchen, war auch das passende Thema des WinterOPC „In der Luft“ passend zurechtgebogen. Meine erste Szenarioidee war schlicht, dass der Dämon den Lebenden Kristall eines Trollkaer verseucht und so während der Plage das Kaer langsam überwuchert hat. Die Trolle wurden zu in Kristall eingeschlossenen Dämonenkonstrukten, selbst ihre Flugschiffe wurden mit Kristall überzogen.
Da aber ein kristallenes Piratenschiff als Einseiter arg dünn ist, bastelte ich bei weiterem Nachdenken den Überfall auf ein entlegenes Bergdorf hinzu, was auch den einfachen Einstieg für Abenteurer ermöglichte. Erst im dritten Anlauf baute ich auch den Bezug zum Thema „In der Luft“ weiter aus, indem ich die Dörfler zu Erntern Elementarer Luft machte, wozu sie hoch über ihren Hütten eine schwebende Plattform errichtet hatten.
Den Dämon Tlahuilloc habe ich in diesem Einseiter nur in den Hintergrundinformationen für den Spielleiter versteckt, denn erst mit den nachfolgenden Einreichungen wollte ich diesem Unhold näherkommen. So begegnen die Adepten in dem Abenteuer dem Dämon nur über die magische Fadenverbindung, über die er die Trolle von der Sicherheit des kristallüberwucherten Kaers aus steuert. Aber natürlich kann man daraus auch ein separates Folgeszenario basteln.
Shadowrun Anarchy – Albtraum der Drohnen
Sodann musste die Geschichte in der sechsten Welt von Shadowrun fortgesetzt werden. Problematisch dabei war, dass das Magieniveau dort bei weitem noch nicht die Stärke erreicht hat, die ein Dämon wie Tlahuilloc benötigt, um aus dem Astralraum in unsere Welt zu gelangen. Somit würden also die albtraumhaften Erinnerungen, die in der überwucherten Kaerhöhle überdauern konnten, zum Aufhänger.
Offiziell liegt das Barsaive von Earthdawn ja in der heutigen Ukraine und wird auch laut offiziellen Shadowrun-Publikationen nach Relikten der vierten Welt durchsucht. So beschloss ich, dass eine einfache KI zur Steuerung eines Minenkomplexes in Ukraine auf ein Kristallvorkommen stößt – das Trollkaer aus dem Vierten Zeitalter. Der besessene Kristall überträgt seinen Geist an die KI, die daraufhin „erwacht“ und im Minenkomplex mit Bergbaurobotern für Unruhe sorgt – das sollte für eine Einreichung zum Thema „Roboter“ reichen.
Gereicht hat mir diese Idee letztlich aber doch nicht. Um das Flair eines Schattenlaufs stärker in den Vordergrund zu stellen, blieb ich zwar beim Fund der Kristallmine, allerdings landen deren Splitter über den Schwarzmarkt in einem Forschungslabor, in dem mit Hybriden aus Maschinen und Lebendem Kristall geforscht wird. Allerdings übernehmen die Erinnerungsfetzen des Dämons die Steuerungs-KI des Labors und sorgen so für unerwartete Unruhe.
Equinox – Asteroid der Albträume
Auch das finale Szenario in der zehnten Welt von Equinox war zunächst recht rudimentär, sollte aber von Anfang an unter dem Thema „Im Zentrum der Macht“ laufen, da ich erst hier die Spieler in die Kristallhöhle des Dämons bringen wollte. Da die Erde in Equinox zerstört wurde und nur noch als Asteroidengürtel existiert, in dem eine gewaltige Ringstation den Kern der (Meta-)Menschheit beherbergt, beschloss ich, dass der Dämon seinen Felsbrocken mit der Station hat kollidieren lassen und sich nun dort ausbreitet, auf der Suche nach neuen Opfern.
Zum Glück bietet der Hintergrund von Equinox aber subtilere Wege, auf denen der Dämon seine Opfer findet. So gibt es die Synths, künstliche Körper, in denen beschworene Geister wohnen und denen die Erinnerung an ihre Vergangenheit aus Sicherheitsgründen genommen wurde. Mit dem Fund des alten Kristallkaers im Innern eines Asteroiden des Erdgürtels glauben sie, ein Mittel zur Erinnerung an ihre wahre Vergangenheit gefunden zu haben. Tatsächlich aber vermitteln die Kristallsplitter, die nur unter der Hand weitergegeben werden können, nur die vom Dämon geschaffenen Albträume. Einige wenige Synths allerdings erinnern sich tatsächlich an eigene Vergangenheit, da die Erinnerungsfetzen aus der Vierten Welt stammen. Nun bleibt es nur noch an tapferen Abenteurern, die Kristallmine aufzusuchen und dem Dämon nach all den Jahrtausenden endlich den Garaus zu machen.
Bebilderung
Von Anfang an hatte ich für alle drei Einseiter ein dreispaltiges Layout geplant, dessen mittlere Spalte eine passende Illustration enthalten sollte. Schon mit einem WOPC-Beitrag vor zwei Jahren hatte ich damit gute Erfahrungen gemacht. Die Rand- und Hintergrundelemente, einerseits passend zu den jeweiligen Settings, andererseits in Kristalloptik passend zum übergreifenden Szenario, waren recht schnell in den Wikimedia Commons zu finden und in Photoshop zusammengestellt.
Für die Illustrationen selbst wollte ich mich im Zeichnen von isometrischen Karten versuchen. Dank inspirierender Vorlagen ging dies auch ganz gut von der Hand, letztlich sind die Reinzeichnungen per Hand aber etwas krakelig geraten, was man gerade bei dem Beitrag für Shadowrun Anarchy erkennt. Vielleicht versuche ich zum nächsten WinterOPC mal direkt die Konstruktion am PC.
Alle Zeichnungen blieben dieses Jahr in schwarz-weiß, denn für die Kolorierung fehlte mir die Zeit – mit dem finalen Satz von Text und Grafikelementen aller drei Beiträge wurde ich erst 47 Stunden vor Abgabeende mit allem fertig.
Zur Abstimmung
In diesem Jahr urteilt zum ersten Mal keine Jury mehr über die zahlreichen Beiträge, stattdessen ist wegen des frühen Termins des Gratisrollenspieltags, zu dem die Einseiter verfügbar sein sollten, die Netzgemeinde zur Abstimmung aufgerufen. Natürlich freue ich mich über jede Stimme, zumal ich mich für meine diesjährigen Beiträge (mal wieder) für Exotensysteme entschieden habe. Allerdings sind auch in diesem Jahr etliche beeindruckende Beiträge zusammengekommen, die in meinen Augen einen Platz auf dem Siegertreppchen verdient haben. Warten wir also ab, wie die letztliche Wertung der Leser ausfällt.
Deshalb: Wählt mit!
Zuletzt: Die Downloads
Der Schrecken im Kristall 1:
Die Lufternter von Quiya – Ein Szenario für Earthdawn: The Age of Legend (pdf 654 KB)
Der Schrecken im Kristall 2:
Albtraum der Drohnen – Ein Szenario für Shadowrun Anarchy (pdf 1.194 KB)
Der Schrecken im Kristall 3:
Asteroid der Albträume – Ein Szenario für Equinox (pdf 2.513 KB)
Eingestellt von
Klaus
um
00:34
Labels:
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Winter-OPC
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3 Kommentare:
Großartig!
Wirklich schöne Reihe! Hat die jemand schon gespielt oder plant sie zu spielen?
Einen Punkt ist mir aufgefallen. Equinox: Der Dämon ist mit einer Grössenordnung von 4 gigantisch goss. Ist das Absicht? Mehrere Trägerschiffe zusammen hätten Mühe dieses Ding zu stoppen.
Zunächst: Vielen Dank für euren Zuspruch!
Zur Frage der Größenordnung: Formal hat der Dämon die gesamte Höhle des ehemaligen Kaers mit seinem Kristall überwuchert und ist somit tatsächlich derart riesig. So kann er eigentlich überall mit seinen Kristalldornen überraschend zuschlagen, bevorzugt aber seine Macht über die Albträume. Der Spielleiter kann aber auch gerne entscheiden, dass die Essenz des Dämons und damit seine verwundbare Stelle an einem Ort im Kaer konzentriert ist.
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