Der November 2014 liegt hinter uns, und damit nicht nur die Feierlichkeiten zum 25jährigen Jubiläums des Mauerfalls, sondern auch der davon inspirierten Karneval der Rollenspielblogs zum Thema "Mauern". Die Beiträge dazu haben sich dieses Themas auf angenehm vielseitige Art angenommen.
Regeln und Ergänzungen
Die ersten Beiträge des Monats näherten sich dem Motto von der Regelseite. So vergleicht Markus auf Sprawldogs in Ein glatter Durchschuss die Regeln zum Feuern auf Ziele hinter Barrieren – Mobiliar oder Panzerglas – zwischen Shadowrun 4 und 5. Obwohl mich solche Regelvergleiche durchaus interessieren, merke ich hier doch, dass ich Shadowrun seit V2.01d nicht mehr angerührt habe und die Änderungen leider nur oberflächlich nachvollziehen kann. Ein zweiter Artikel zum Durchbrechen von Barrieren selbst wurde zwar angekündigt, aber leider nicht mehr im November geliefert – aber das kann man ja nachholen. Lesen würde ich es jedenfalls gern.
blut_und_glas von d6ideas erweist sich ja stets als zuverlässiger Lieferant für den monatlichen Rollenspielkarneval und steuert zumeist Artikel bei zum Minimalrollenspiel Beutelschneider, der Gundam-Adaption Unknown Mobile Suit oder dem auf der gleichnamigen Graphic Novel basierenden Kampagnensetting The Red Star. Die letzten beiden sind auch im Mauerkarneval der Aufhänger für zwei Beiträge. Zunächst offeriert blut_und_glas zwei neue Protokolle (vulgo: Zaubersprüche) zum Durchbrechen von Barrieren in The Red Star. Viel interessanter als die dazugehörigen Regeln selbst finde ich allerdings den Gedankengang, der zu diesem Beitrag geführt hat.
Zum Monatsende folgte dann auch die grobe Skizzierung einer magischen Barriere gegen Schallschaden, sowie zwei sehr kurz angerissene Szenarioideen zu CthulhuTech. Gerade bei letzteren würde mich eine genauere Ausarbeitung zu einem späteren Zeitpunkt sehr reizen. Ansonsten nehme ich aus blut_und_glas Beiträgen vor allem eine Erkenntnis mit: Warum habe ich eigentlich nur den ersten Band der originalen Red-Star-Grapic-Novel im Schrank stehen…?
Abhandlungen
Wie schon in meinem Eingangsartikel erwähnt, bietet die Fantasy in Roman und Rollenspiel diverse berühmte Bollwerke. Diese haben dann einige Blogger auch als Grundlage für ihre Beiträge genommen.
Kaid bietet auf dem Pendragon-Blog einen historischen Abriss des römischen Hadrianswalls bis hin zur Zeit König Artus, in der diese Mauer noch immer als Schutz gegen die Pikten des Nordens dient. Viel interessanter jedoch finde ich den kurzen Szenariovorschlag am Ende des Beitrags, in der die Ritter auf ein abgelegenes Dorf mit den Nachkommen einer Wachturmbesatzung treffen, die den Zerfall des römischen Reiches nicht mitbekommen haben.
Sternenwanderer gibt in Mauern in DSA einen Rundblick auf berühmte Bollwerke Aventuriens und Myranors und offeriert auch hier kurze Abenteuerideen. Gerade die Kombination von Mauer und Hochstraße auf Myranor finde ich charmant, habe ich mich doch mit dem inzwischen ausgearbeiteten Güldenland nie groß beschäftigt.
Der schlicht Mauern titulierte Beitrag auf Engors Dereblick widmet sich nur einem aventurischen Schutzwall: Der Ogermauer, Austragungsort dreier historischer Schlachten. Zugleich vergleicht er, wie unterschiedlich die spielerische Umsetzung dieser Konflikte stattgefunden hat, was mir besonders gut gefallen hat.
Szenarien
Abenteuervorschläge sind auch der Schwerpunkt von drei anderen Beiträgen. Das Haus der Renunziation, seit langem ein beständiger Teilnehmer am Rollenspielkarneval, nimmt sich in Die Musik des Zufalls den gleichnamigen Roman von Paul Auster (den ich selbst nur durch die Filme Smoke und Blue in the Face kenne) als Ausgangspunkt. Allein schon der exzellente Bogen, mit dem der Artikel gekonnt die Buchvorlage, den okkulten Untergrund von Unknown Armies und einen Klassiker des psychedelischen Pop zu einem großen Ganzen verknüpft, macht diesen Beitrag zu meinem Favoriten des Mauerkarnevals.
Ich selbst habe meine ursprüngliche Inspiration zum Monatsthema für Fiasko adaptiert. So wichtig der Mauerfall im Jahre 1989 auch ist, für das Spiel um große Ambitionen und tiefes Scheitern halte ich den Schicksalsschlag des Mauerbaus im August 1961 für ergiebiger. Herausgekommen ist dabei die Kulisse „Eine Mauer durch Berlin“.
Mit seinem Podcast #35 überlegt Greifenklaue zusammen mit Glorian über ein Szenario, bei dem es um das Überwinden von Mauern geht. Grundlage ist das DSA4-Einsteigerabenteuer Der Alchemyst, in dessen Verlauf die Helden in die Burg des Bösewichts eindringen müssen und das zu Warhammer 3 konvertiert werden soll. Die zahlreichen Kommentare zu den, nun ja, doch sehr unterschiedlichen Moralvorstellungen der Alten Welt und Aventurien oder der, höflich gesagt, Gradlinigkeit von DSA-Abenteuern haben mich oft sehr breit grinsen lassen und machen für mich den großen Charme der Episode aus.
Mauern auf vielerlei Ebenen
Greifenklaue hatte sich aber auch schon im Vorfeld dieses Karnevals als Lieferant schöner offener Interpretationen des Themas hervorgetan. So nutzt er auch konsequent in seinem Podcast #34 diese Stichworte für die assoziative Diskussion mit Christophorus: Mauern in Form von Megadungeons, als Trennung zwischen Spielern und Spielleiter durch den Spielleiterschirm, sowie kurze Erinnerungen an den Mauerfall vor fünfundzwanzig Jahren. Nicht zu vergessen als Grundlage für diverse Kalauer.
Auch wenn ich selbst dem Phänomen Podcast immer recht gleichgültig gegenüberstand, so habe ich beim Hören doch meinen Spaß gehabt. Allein Christophorus Aussage „Mauern engen nicht die Kreativität ein.“ zum wiederkehrenden Vorwurf, Dungeoncrawler wären doch nur stupides Monstermetzeln, bringt den Reiz von Megadungeons auf den Punkt. Und es erinnert mich daran, dass auch ich vielleicht einmal meine Gruppe in den bisher nur halb gelesenen World’s Largest Dungeon entführen sollte. Auch die Erinnerungen der beiden an die turbulenten Tage der Maueröffnungen im grenznahen Helmstedt fand ich sehr aufschlussreich, bin ich doch selbst im Münsterland nur wenige Autominuten von den Niederlanden aufgewachsen und war damit problemlose Grenzübergänge von Kindesbeinen an gewohnt.
Ähnlich frei deutet Ackerknecht das Mauerthema in seinen beiden Beiträgen. "Warum ich keine Bogenschützen mehr spiele" ist ein exzellentes Beispiel für den Konflikt zwischen der Alltagswelt und dem immer wieder in Diskussionen geforderten Realismus im Rollenspiel. Kein Wunder also, dass der Autor da inzwischen eine Mauer in seinem Kopf hat.
Ackerknechts zweiter Artikel widmet sich der Kritik an dem alten Vampire-Quellenband Berlin bei Nacht. Die geteilte Stadt gibt als Szenariogrundlage ja nun einmal auch nach dem Mauerfall eine Menge her, allerdings argumentiert er schlüssig, das solche Bände dann besser nicht von Amerikanern geschrieben werden sollten, die diese Metropole nur offenbar nur aus einem Reiseführer kennen. Ich kam bei der Lektüre dieser Kritik jedenfalls oft umhin, oftmals kofpfschüttelnd zu schmunzeln.
Über den Tellerrand
Natürlich ruft der Karneval zu *Rollenspiel*artikeln auf, dennoch habe ich mir einmal abseits davon angesehen, wie das Element „Mauern“ im Brettspiel eingesetzt wird.
Ein Fazit
Der Mauerkarneval tat sich mitunter sehr schwer. Zur Hälfte des Monats gerade einmal zwei Beiträge, dann ein kurzer - aber guter und abwechslungsreicher! - Schub in der Monatsmitte, dann wieder eine lange Pause. So stellte ich mir schon die Frage, ob das Thema "Mauern" vielleicht nicht doch zu statisch und trotz meiner Vorschläge zu wenig inspirierend gewesen sei. Der tolle Endspurt zum Monatsende hingegen hat mich dann doch vom Gegenteil überzeugt.
Insgesamt hat das Motto einen sehr schönen Querschnitt geliefert - wie man an meiner obigen Einteilung sieht, ist von Regelbeiträgen über sachliche Abhandlungen und Szenarien bis zu sehr freien Interpretationen alles dabei. Das mag nicht jedermanns Sache sein, hat mir aber sehr gut gefallen.
Nun bleibt mir nur noch, mich bei allen Beitragenden herzlich für ihre Artikel zu bedanken und an den Dezemberkarneval "Tiere im Rollenspiel" unter Moderation von Tenebrus zu übergeben.
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